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Katecholaminüberschuss

Synonyme: Phäochromozytom

Zusammenfassung

Beim Katecholaminüberschuss werden im Nebennierenmark zu viele Katecholamine produziert und ins Blut abgegeben. Ursache für den Katecholaminüberschuss ist ein Phäochromozytom. Ein Phäochromozytom ist ein Tumor, der meist gutartig und nur selten bösartig ist. In gewissen Familien kommt das Phäochromozytom wegen einer Veränderung der Erbinformation gehäuft vor. Typische Beschwerden bei einem Katecholaminüberschuss sind Bluthochdruck und Bluthochdruckattacken. Die Diagnose eines Katecholaminüberschusses wird mittels Gespräch, körperlicher Untersuchung, Urin- und Blutuntersuchungen, Ultraschall, CT, MRI und / oder Szintigraphie gestellt. Die Behandlung eines Katecholaminüberschusses besteht aus Operation und gewissen Medikamenten sowie bei bösartigen Phäochromozytomen aus einer Strahlenbehandlung.

Allgemeines

Beim Katecholaminüberschuss werden im Nebennierenmark zu viele Katecholamine produziert und ins Blut abgegeben. Der Katecholaminüberschuss wird durch einen Tumor verursacht, der in der Fachsprache Phäochromozytom genannt wird. Beim Phäochromozytom ist ein Fehler in den Zellen des Nebennierenmarks aufgetreten, sodass diese Tumorzellen nicht mehr auf die Anordnungen des Körpers hören und sich teilen, wann und so oft sie wollen. Meist ist das Phäochromozytom ein gutartiger, in der Fachsprache benigner, Tumor.

Bei einem gutartigen Tumor teilen sich die einzelnen Zellen, ohne Anweisungen des Körpers zu befolgen, sodass der Tumor an Grösse zunimmt. Nachdem ein gutartiger Tumor eine gewisse Grösse erreicht hat, drückt er auf die Gewebe in seiner Umgebung und löst bei dem Betroffenen dadurch Beschwerden aus. Selten kann das Phäochromozytom aber auch bösartig, in der Fachsprache maligne, sein. Bei einem bösartigen Tumor, im Volksmund Krebs oder Geschwulst genannt, teilen sich die Zellen nicht nur, wann und so oft sie wollen, und drücken auf die benachbarte Umgebung. Die Zellen eines bösartigen Tumors fressen sich auch in ihre Umgebung ein und können sich nach einer gewissen Zeit mit dem Blut oder der Lymphflüssigkeit im ganzen Körper ausbreiten und Tochtergeschwülste, auch Ableger oder Metastasen genannt, bilden. Sowohl beim gutartigen als auch beim bösartigen Phäochromozytom produzieren die Tumorzellen so viele Katecholamine wie sie wollen, nicht mehr so viele wie der Körper benötigt.

Die Nebennieren

Abbildung: Nebennieren
Lage der Nebennieren, Darstellung der Nebennieren

Die Nebennieren sind zwei kleine lebenswichtige Organe, die im Bauchraum direkt oben auf  den Nieren liegen (siehe Abbildung). Die Nebennieren bestehen aus dem Nebennierenmark und der Nebennierenrinde. Dabei befindet sich im Innern der Nebenniere das Nebennierenmark. Umhüllt wird das Nebennierenmark von der Nebennierenrinde. Das Nebennierenmark und die Nebennierenrinde haben verschiedene Funktionen und arbeiten unabhängig voneinander.

Das Nebennierenmark bildet die Katecholamine Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin. Dies sind Stresshormone, die in Stresssituationen dafür sorgen, dass der Körper optimal reagieren kann, unter anderem indem sie ihm Energie zur Verfügung stellen. Die Nebennierenrinde bildet drei unterschiedliche Hormongruppen. In der äussersten Schicht der Nebennierenrinde werden sogenannte Mineralokortikoide wie Aldosteron produziert. Sie regulieren den Salz- und Wasserhaushalt im Körper.

In der mittleren Schicht der Nebennierenrinde werden sogenannte Glukokortikoide wie Kortisol hergestellt. Die Glukokortikoide haben zahlreiche Aufgaben im menschlichen Körper. Sie wirken auf den Zucker-, Eiweiss- und Fettstoffwechsel, den Wasser- und Salzhaushalt, das Bindegewebe und den Knochen, auf Entzündungsmechanismen und das Abwehrsystem, die Haut und das Knochenmark, das Herzkreislauf- und das Nervensystem. In der innersten Schicht produziert die Nebennierenrinde überwiegend männliche Sexualhormone, sogenannte Androgene, und nur sehr wenige weibliche Sexualhormone, sogenannte Östrogene. Die Sexualhormone sind an der Geschlechtsfunktion und der Ausbildung der weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmale beteiligt. Zur Produktion aller Hormone benötigt die Nebennierenrinde Cholesterin, welches einerseits vom Körper selbst hergestellt wird und andererseits im Darm aus der Nahrung aufgenommen wird.

Die Produktion von Katecholaminen im Nebennierenmark wird durch einen gewissen Anteil des Nervensystems gesteuert. Die Produktion von Mineralokortikoiden, Glukokortikoiden und Sexualhormonen in der Nebennierenrinde wird durch ein gewisses Areal des Gehirns, den Hypothalamus, und durch die Hirnanhangsdrüse geregelt. Die Herstellung von Mineralokortikoiden wird zudem durch die Nebennierenrinde selbst und durch einen komplizierten Regelkreislauf zwischen Niere, Blut und Nebennierenrinde, durch das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System RAAS, gesteuert.

Vorkommen und Formen

Bei 85 von 100 Betroffenen eines Phäochromozytoms befindet sich das Phäochromozytom im Nebennierenmark selbst. Meist ist nur das Nebennierenmark einer Nebenniere betroffen. Selten sind gleichzeitig beide Nebennieren von einem Tumor betroffen. Nur bei 15 von 100 Betroffenen eines Phäochromozytoms kann das Phäochromozytom im Bereich bestimmter Nervenstränge, die im Brustkorb und im Bauchraum neben der Wirbelsäule verlaufen, auftreten. Der Grund dafür liegt darin, dass die Zellen des Nebennierenmarks während der Schwangerschaft aus den gleichen Zellen entstehen wie die des Nervensystems.

In gewissen Familien kommt das Phäochromozytom gehäuft vor. In diesen Familien besteht eine Veränderung der Erbinformation. Je nach betroffener Familie können die Veränderungen der Erbinformation unterschiedlich sein. Die Erbinformation wird von einer Generation an die nächste weitergegeben. Ist eine Veränderung der Erbinformation vorhanden, kann diese ebenfalls an die nächste Generation vererbt werden, muss aber nicht, sodass nicht jedes Mitglied dieser Familien von der Veränderung betroffen ist. Die Betroffenen in diesen Familien leiden sehr oft nicht nur an einer, sondern je nach Veränderung der Erbinformationen gleichzeitig an mehreren Erkrankungen, die unter einem Begriff zusammengefasst werden. Ein solches Beispiel wäre die multiple endokrine Neoplasie MEN. Bei der multiplen endokrinen Neoplasie können bei Betroffenen gleichzeitig Tumoren mehrerer hormonbildender Organe auftreten. So wird das Phäochromozytom bei Betroffenen mit einer multiplen endokrinen Neoplasie begleitet von einem bösartigen Tumor der Schilddrüse, einer Nebenschilddrüsenüberfunktion, einem gutartigen Tumor der Hirnanhangsdrüse oder Tumoren der Nervenzellen in den Schleimhäuten. Ein weiteres Beispiel für eine Veränderung der Erbinformation in einzelnen Familien, wegen der Betroffene nicht nur an einem Phäochromozytom, sondern gleichzeitig an mehreren Erkrankungen leiden, sind Phakomatosen wie die Neurofibromatose und die tuberöse Sklerose. Mit dem Begriff Phakomatose werden verschiedene Erkrankungen zusammengefasst, die mit Fehlbildungen der Haut und des Nervensystems einhergehen.

In den meisten Fällen wird das Phäochromozytom aber nicht vererbt, sondern tritt sporadisch auf, das heisst es besteht bei den Betroffenen keine Veränderung der Erbinformation, die von einer Generation an die nächste weitergegeben wird. Sondern aus irgendeinem bisher nicht bekannten Grund tritt ein Fehler in den Zellen des Nebennierenmarks auf. Aufgrund dieses Fehlers hören die Nebennierenmarkzellen in der Folge nicht mehr auf den Körper, sondern teilen sich, so oft sie wollen, und produzieren so viele Katecholamine, wie sie wollen, nicht so viele wie der Körper braucht.

Das Phäochromozytom ist eine seltene Erkrankung. Bei Frauen und Männern kommt es etwa gleich häufig vor. Meist sind die Betroffenen zwischen 30 und 50 Jahren alt. Phäochromozytome können vor allem bei familiären Formen aber auch bei Kindern auftreten.

Hat es im Bauch grosse Tumoren anderer Organe, die auf das Nebennierenmark drücken und dadurch die Katecholamine aus dem Nebennierenmark ins Blut auspressen, treten bei den Betroffenen auch ohne Tumor der Nebenniere ähnliche Beschwerden wie beim Phäochromozytom auf. In der Fachsprache wird in diesen Fällen von einem Pseudophäochromozytom gesprochen.

Symptome

Beim Katecholaminüberschuss werden im Nebennierenmark zu viele Katecholamine, also zu viel Adrenalin und Noradrenalin, produziert und ins Blut ausgeschüttet, sodass die Menge an Adrenalin und Noradrenalin im Blut ansteigt. Adrenalin und Noradrenalin sind sogenannte Stresshormone. Sie sorgen in Stresssituationen dafür, dass der Körper optimal eingestellt ist. Adrenalin und Noradrenalin geben den einzelnen Geweben des Körpers dann genaue Anweisungen, wie sie sich zu verhalten haben. Somit wirken Adrenalin und Noradrenalin auf das Herzkreislaufsystem, das Gehirn, die Atemwege, die Niere, die Muskulatur, die Leber, die Bauchspeicheldrüse, das Fettgewebe, die Augen und die Haut. Betroffene können somit bei einem Überschuss an Katecholaminen an verschiedenen Beschwerden verschiedener Organe leiden (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Beschwerden bei einem Katecholaminüberschuss
Beschwerden bei einem Katecholaminüberschuss, Symptome bei einem Katecholaminüberschuss

Charakteristisch für das Phäochromozytom ist der Bluthochdruck, in der Fachsprache Hypertonie genannt, da Adrenalin und Noradrenalin blutdrucksteigernd wirken. Aber nur eine von 1000 Personen mit einem Bluthochdruck leidet umgekehrt an einem Phäochromozytom. Eine unerklärliche Gewichtsabnahme wird beim Phäochromozytom ebenfalls beschrieben. Manchmal sind Betroffene mit einem Phäochromozytom allerdings völlig beschwerdefrei.

Bei über der Hälfte aller Betroffenen kann das Phäochromozytom plötzlich und unerwartet eine grosse Menge Adrenalin und Noradrenalin ins Blut freigeben. Bei einem solch plötzlichen Anstieg an Adrenalin und Noradrenalin im Blut leiden Betroffene an einer unerwarteten Attacke mit erhöhtem Blutdruck. Diese Bluthochdruckattacken werden oft von Kopfschmerzen, Herzklopfen, Schmerzen im Brustkorb, Schwindel, Schwitzen, Zittern, Blässe und einem grundlosen Angstgefühl begleitet. Manchmal empfinden Betroffene gar eine Todesangst. Körperliche Anstrengungen, das Betasten des Bauches oder der Stuhlgang können eine Bluthochdruckattacke auslösen, weil dadurch das Phäochromozytom zusammengedrückt wird und eine grosse Menge an Adrenalin und Noradrenalin aus dem Phäochromozytom heraus ins Blut gepresst wird. Manchmal treten Bluthochdruckattacken aber auch ohne jeglichen Auslöser auf. Eine solche Bluthochdruckattacke kann wenige Minuten bis Stunden anhalten.

Insbesondere bei Menschen, deren Herz oder Blutgefässe bereits durch andere Erkrankungen vorgeschädigt sind, können die Bluthochdruckattacken schwere Folgen wie Herzrhythmusstörungen, einen Herzinfarkt, eine Herzschwäche, Hirnblutungen oder einen Schlaganfall zur Folge haben.

Diagnose

Bemerken Personen Veränderungen im Sinne eines Katecholaminüberschusses, sollten sie einen Arzt zur weiteren Abklärung und bei Bedarf zur Behandlung aufsuchen. Der Arzt wird den Betroffenen in einem ausführlichen Gespräch nach Beschwerden und Veränderungen fragen, die ihm einen Hinweis auf einen Katecholaminüberschuss geben. Vor allem bei Patienten, die an einem Bluthochdruck leiden und bei denen Kopfschmerzen, Schwitzen und Herzfrequenzbeschleunigungen auftreten, wird der Arzt an ein Phäochromozytom denken. Anschliessend wird der Arzt den Betroffenen von Kopf bis Fuss untersuchen.

Zur Bestätigung des Verdachts auf einen Katecholaminüberschuss muss die Menge an Katecholaminen im Körper gemessen werden. Eine einzelne Messung der Katecholamine reicht für die Bestimmung eines Katecholaminüberschusses nicht aus, da die Katecholaminmenge durch beispielsweise Stresssituationen verändert wird. Es müssen also mehrere Messungen der Katecholamine vorgenommen werden, um die Diagnose eines Katecholaminüberschusses stellen zu können. Nach genauer Anweisung durch den Arzt soll der Urin des Betroffenen während 24 Stunden gesammelt werden. In diesem sogenannten 24-Stunden-Urin wird die Menge an Katecholaminen und ihren Abbaustoffen bestimmt. Eine erhöhte Menge an Katecholaminen und ihren Abbaustoffen weist auf ein Phäochromozytom hin.

Ebenfalls wird eine vermehrte Menge an Katecholaminen und ihren Abbaustoffen im Blut gemessen. Erlaubt die Bestimmung der Katecholamine und ihrer Abbaustoffe im Blut keine eindeutige Aussage zum Vorhandensein eines Phäochromozytoms, kann dem Betroffenen ein Medikament in Tablettenform gegeben werden und die Messung der Katecholamine im Blut dann nach einigen Stunden wiederholt werden. Das Medikament enthält Clonidin. Clonidin ist eine Substanz, die beim Gesunden die Freisetzung von Katecholaminen ins Blut hemmt, sodass die Menge an Adrenalin und Noradrenalin im Blut absinken. Die Zellen des Phäochromozytoms hören aber nicht auf die Anweisungen des Clonidins und setzen weiter Katecholamine ins Blut frei. Die Menge an Adrenalin und Noradrenalin im Blut bleibt deshalb trotz der Clonidingabe beim Phäochromozytom gleich gross oder nimmt sogar noch zu.

Hat sich die Vermutung eines Phäochromozytoms in den Messungen der Katecholamine und ihrer Abbaustoffe im Urin und im Blut bestätigt, sollte mittels bildgebender Verfahren der Ort des Phäochromozytoms im Körper bestimmt werden. Manchmal kann eine Nebennierenvergrösserung aufgrund eines Phäochromozytoms mit einer Ultraschalluntersuchung des Bauches gezeigt werden. Kleine Phäochromozytome können mit einem Ultraschall aber nicht erkannt werden. Hingegen können mit einer Computertomographie CT oder einer Magnetresonanztomographie MRI auch Phäochromozytome dargestellt werden, die kleiner als ein Zentimeter sind. Zudem erlaubt das MRI manchmal sogar eine Aussage darüber, ob es sich eher um ein gutartiges oder ein bösartiges Phäochromozytom handelt.

Vor allem wenn das Phäochromozytom sich nicht im Nebennierenmark selbst befindet, kann es oft weder mit der Computertomographie noch mit der Magnetresonanztomographie gefunden werden. In diesen Fällen sollte eine Szintigraphie durchgeführt werden. Eine Szintigraphie ist eine Untersuchung, bei der radioaktiv markierte Stoffe in den Körper eingebracht werden. Diese radioaktiv markierten Stoffe reichern sich im zu untersuchenden Organ an und können anschliessend mit einer speziellen Kamera sichtbar gemacht werden.

Bei einer Nebennierenmarkszintigraphie wird dem Betroffenen leicht radioaktives Metaiodobenzylguanidin MIBG in eine Vene gespritzt. Diese Substanz wird in die Zellen des Nebennierenmarks, des Nervensystems, des Phäochromozytoms und der Ableger bösartiger Phäochromozytome aufgenommen. Mit einem speziellen Röntgenverfahren können dann auf einem Bild alle die Bereiche dargestellt werden, die diese Substanz aufgenommen haben.
Wird das Phäochromozytom auch mit der Szintigraphie nicht gefunden, kann eine Messung der Katecholamine direkt in einzelnen Blutgefässen, die von der vermuteten Position des Phäochromozytoms wegführen, durchgeführt werden. Diese aufwendige Untersuchung ist nur in wenigen Fällen notwendig.

In Familien, in denen Phäochromozytome gehäuft vorkommen, sollten die Veränderungen der Erbinformation gezielt gesucht werden. So können andere Familienmitglieder, die von der Veränderung der Erbinformation ebenfalls betroffen sind, noch vor Ausbruch der möglichen Erkrankungen erkannt und frühzeitig behandelt werden.

Therapie

Das Tumorgewebe des Phäochromozytoms sollte in einer Operation möglichst vollständig entfernt werden. Befindet sich das Phäochromozytom im Nebennierenmark, kann die gesunde Nebennierenrinde bei dieser Operation meist nicht geschont werden, das bedeutet sie wird zusammen mit dem Phäochromozytom und dem Nebennierenmark entnommen. Teilweise treten bei Betroffenen Phäochromozytome in beiden Nebennieren auf, sodass beide Nebennieren entfernt werden müssen. Nach der Operation wird das entnommene Gewebe durch einen Spezialisten im Mikroskop untersucht.

Oft ist erst dann bekannt, ob es sich um ein gut- oder bösartiges Phäochromozytom handelt.
Während der Operation, bei der das Phäochromozytom entfernt wird, kann das Phäochromozytom zusammengedrückt werden, sodass eine grosse Menge Adrenalin und Noradrenalin aus dem Phäochromozytom ins Blut ausgepresst wird und eine Bluthochdruckattacke die Folge ist. Damit während der Narkose und der Operation keine solche Bluthochdruckattacke auftritt, die das Leben des Betroffenen gefährden könnte, muss vor jeder Phäochromozytom-Operation eine medikamentöse Behandlung des Betroffenen mit Alpha- und Betablockern durchgeführt werden. Alpha- und Betablocker wirken den Katecholaminen Adrenalin und Noradrenalin entgegen. Diese Medikamente werden auch bei Betroffenen verwendet, um den Blutdruck zu senken und Bluthochdruckattacken zu vermeiden, wenn eine Operation gar nicht möglich ist oder das Phäochromozytom nicht vollständig entfernt werden kann.

Bösartige Formen des Phäochromozytoms können in ihre Umgebung stark einwachsen und verschiedene Ableger irgendwo im Körper bilden, sodass sie mittels einer Operation nicht vollständig entfernt werden können. Bei diesen Personen kann eine Behandlung mit radioaktiven Stoffen erfolgen, eine sogenannte Strahlentherapie. Wie bei der Nebennierenszintigraphie werden bei dieser Strahlentherapie radioaktive Stoffe in den Körper eingebracht. Diese radioaktiv markierten Stoffe reichern sich im zu behandelnden Organ an. Bei der Strahlentherapie wird dem Betroffenen wie bei der Nebennierenszintigraphie radioaktives Metaiodobenzylguanidin MIBG in eine Vene gespritzt. Diese Substanz wird in die Zellen des Nebennierenmarks, des Nervensystems, des Phäochromozytoms und der Ableger bösartiger Phäochromozytome aufgenommen. Die Radioaktivität des MIBG unterscheidet sich in der Strahlentherapie aber von derjenigen in der Nebennierenszintigraphie.

Die Radioaktivität der Strahlentherapie zerstört im Gegensatz zur Nebennierenszintigraphie das Gewebe, in dem es sich anreichert. Somit werden die restlichen Zellen des Phäochromozytoms und die seiner Ableger zerstört. Bei einer Strahlenbehandlung muss der Betroffene nach Einnahme der radioaktiven Substanz noch für eine Woche im Spital bleiben, da er im Urin und im Stuhl Radioaktivität ausscheidet. Eine zusätzliche Bestrahlung von aussen kann bei Betroffenen zur Schmerzbehandlung angewendet werden, wenn Ableger in den Knochen vorhanden sind. Diese Bestrahlung von aussen dient aber nicht zur Heilung des Tumorleidens, sondern hat das Ziel, dem Betroffenen die Schmerzen zu nehmen oder zumindest zu lindern und seine Lebensqualität zu verbessern. Eine wirksame Chemotherapie zur Behandlung des bösartigen Phäochromozytoms gibt es bisher nicht.

Insbesondere nach der Entfernung beider Nebennieren mittels einer Operation und teilweise nach einer Strahlenbehandlung ist nicht mehr ausreichend Nebennierengewebe vorhanden, um ausreichend lebenswichtige Hormone herzustellen. Die Produktion von Adrenalin und Noradrenalin kann vom Nervensystem übernommen werden, sodass ein Ersatz wenn überhaupt nur unmittelbar nach der Operation oder der Strahlenbehandlung notwendig ist, bis sich das Nervensystem an die vermehrte Produktion gewöhnt hat. Die Sexualhormonproduktion der Nebennierenrinde wird beim Mann von den Hoden und bei der Frau von den Eierstöcken übernommen, sodass ein Ersatz ebenfalls nicht notwendig ist. Die Produktion der Glukokortikoide und der Mineralokortikoide der Nebennierenrinde wird durch kein anderes Organ übernommen. Betroffene müssen deshalb lebenslang Kortison und Aldosteron in Tablettenform einnehmen.

Nach der Operation und der Strahlenbehandlung des Phäochromozytoms sollte jeder Betroffene in regelmässigen Abständen nachkontrolliert werden, da ein Wiederauftreten eines Phäochromozytoms möglich ist. Auf diese Weise kann eine erneute Behandlung früh begonnen werden. Zudem sollte bei jedem Betroffenen eines Phäochromozytoms durch genaue Befragungen ermittelt werden, ob bereits andere Familienmitglieder an einem Phäochromozytom litten. Auf diese Weise können Betroffene herausgefiltert werden, die wahrscheinlich eine Veränderung der Erbinformation vererbt bekommen haben. Anschliessend sollten bei diesen Betroffenen Untersuchungen der Erbinformation und der Familienmitglieder vorgenommen werden, um den Verdacht gegebenenfalls zu bestätigen und andere, das Phäochromozytom begleitende Erkrankungen frühzeitig finden und behandeln zu können.

Prognose

Die Prognose eines gutartigen Phäochromozytoms ist sehr gut. Die Prognose eines bösartigen Phäochromozytoms hängt davon ab, wie früh der Tumor gefunden wird und wie gut der Tumor auf die Behandlung anspricht. Hat ein bösartiges Phäochromozytom bereits Ableger gebildet ist die Prognose deutlich schlechter.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
Editor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
Keywords:Katecholaminüberschuss, Phäochromozytom, Phaeochromozytom, Phäochromocytom, Phaeochromocytom, Tumor, gutartig, bösartig, Katecholamine, Adrenalin, Noradrenalin, Nebennierenmark, Metastasen, Hypertonie, Bluthochdruckattacken, MEN, multiple endokrine Neoplasie, Phakomatosen, tuberöse Sklerose, Neurofibromatose, sporadisch, familiär, Familienerkrankungen, Pseudophäochromozytom, Stresshormone, Clonidin, MIBG, Metaiodobenzylguanidin, Alphablocker, Betablocker, Nebennierenoperation, Adrenalektomie, Flush, Adrenalinüberschuss, Überschuss an Adrenalin
ICD-10:C74.1, E27.5
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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