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Prolaktinüberschuss

Synonyme: Hyperprolaktinämie, Prolaktinom, Mikroprolaktinom, Makroprolaktinom

Prolaktinüberschuss

Bei einem Prolaktinüberschuss hat es im Blut zu viel Prolaktin. Prolaktin ist ein Hormon, das während der Schwangerschaft und der Stillzeit das Wachstum der Brustdrüse und die Produktion von Muttermilch ermöglicht. Verschiedene Ursachen können für einen Wachstumshormonüberschuss verantwortlich sein. Die zwei häufigsten Ursachen für einen Prolaktinüberschuss sind ein gutartiger Tumor des Hypophysenvorderlappens und die Einnahme von bestimmten Medikamenten.

Bei der nicht-schwangeren und nicht-stillenden Frau und beim Mann kann ein anhaltender Prolaktinüberschuss zu verschiedenen Beschwerden führen. Typisch sind eine milchige Absonderung aus der Brust, eine sogenannte Galaktorrhoe, sowie Störungen des Menstruationszyklus mit Unfruchtbarkeit bei der Frau und Störungen der Potenz sowie Abnahme des sexuellen Verlangens und Unfruchtbarkeit beim Mann. Die Diagnose eines Prolaktinüberschusses wird mit Gespräch, körperlicher Untersuchung, Blutuntersuchungen, einer Magnetresonanztomographie MRI und/oder einer Computertomographie CT gestellt. Die Behandlung des Prolaktinüberschusses hängt von seiner Ursache ab. Es sind Medikamente, Operation und/oder Bestrahlung möglich. Im Vordergrund steht die Behandlung mit Medikamenten.

Allgemeines

Beim Prolaktinüberschuss hat es im Blut eine zu grosse Menge an Prolaktin. Prolaktin, das in der Fachsprache auch Laktotropin oder laktotropes Hormon genannt wird, ist ein Hormon, das im Hypophysenvorderlappen, dem Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse, gebildet wird und dessen Produktionsmenge durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, geregelt wird. Hormone sind Botenstoffe, die die Anweisungen des Körpers seinen einzelnen Organen mitteilen und Meldungen von den Organen an den Körper zurückgeben. Prolaktin ermöglicht während der Schwangerschaft und der Stillzeit das Wachstum der Brustdrüse und die Produktion von Muttermilch. Deshalb ist eine vermehrte Produktion von Prolaktin gegen Ende einer Schwangerschaft und während der Stillzeit absolut normal. Daneben hat das Prolaktin einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von Mann und Frau.

Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)

Abbildung: Hirnanhangsdrüse
Hirnanhangdrüse, Hypophyse, Grosshirn, Kleinhirn, Sella turcica, Schädelknochen

Die Hirnanhangsdrüse ist ein kleines lebenswichtiges Organ, das im sogenannten Türkensattel etwa im Zentrum des Schädels unterhalb des Gehirns und damit etwa auf Höhe der Nasenwurzel sitzt (siehe Abbildung). Die Hirnanhangsdrüse besteht aus dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenvorderlappen und der Hypophysenhinterlappen sind in ihrer Funktion voneinander unabhängig.

Der Hypophysenvorderlappen stellt sechs verschiedene Hormone her, mit denen er auf verschiedene Vorgänge im Körper einwirkt. Mit dem Wachstumshormon (GH) beeinflusst der Hypophysenvorderlappen eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an. Mit den zwei unterschiedlichen Gonadotropinen (LH und FSH) nimmt der Hypophysenvorderlappen Einfluss auf das Wachstum und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Mit dem adrenocorticotropen Hormon (ACTH) reguliert der Hypophysenvorderlappen die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde und ermöglicht es dadurch dem Körper, optimal auf Stresssituationen zu reagieren. Mit dem thyreoideastimulierenden Hormon (TSH) regt der Hypophysenvorderlappen in der Schilddrüse das Wachstum, die Jodaufnahme und die Schilddrüsenhormonproduktion an. Und mit dem Prolaktin ermöglicht der Hypophysenvorderlappen in der Brust die Produktion von Muttermilch.

Der Hypophysenhinterlappen selbst kann keine Hormone herstellen. Es speichert die vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, gebildeten Hormone Vasopressin und Oxytozin und schüttet sie bei Bedarf ins Blut aus. Vasopressin (ADH) reguliert den Wasserhaushalt im Körper und befiehlt dabei den Nieren, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Oxytozin erlaubt es der Brust, die gebildete Muttermilch nach aussen abzugeben.

Die Produktion und die Ausschüttung von Wachstumshormon, Gonadotropinen, adrenocorticotropem Hormon, thyreoideastimulierendem Hormon und Prolaktin im Hypophysenvorderlappen werden hauptsächlich durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, gesteuert. Dazu stellt der Hypothalamus gewisse Substanzen her. Ebenso werden die Speicherung und die Ausschüttung von Vasopressin und Oxytozin im Hypophysenhinterlappen durch den Hypothalamus geregelt.

Ursachen

Verschiedenen Ursachen können zu einem Prolaktinüberschuss führen. Ein Prolaktinüberschuss kann durch einen gutartigen Tumor des Hypophysenvorderlappens, ein sogenanntes Prolaktinom, entstehen, bei dem aus einem bisher nicht bekannten Grund Fehler in den Zellen des Hypophysenvorderlappens aufgetreten sind. Diese fehlerhaften Zellen teilen sich so oft sie wollen und richten sich nicht mehr nach den Anforderungen des Körpers. Zudem produzieren diese fehlerhaften Tumorzellen des Hypophysenvorderlappens so viel Prolaktin, wie sie möchten. Es interessiert sie nicht, ob es schon genügend Prolaktin im Körper hat. Ein Prolaktinüberschuss ist deshalb die Folge.

Die häufigste Ursache für einen Prolaktinüberschuss ist aber nicht ein Tumor des Hypophysenvorderlappens, sondern die Einnahme gewisser Medikamente. Dazu gehören beispielsweise Antidepressiva, Morphin-ähnliche Substanzen, die meist zur Schmerzbekämpfung eingesetzt werden, gewisse blutdrucksenkende Medikamente, Dopaminantagonisten als Medikamente gegen Krampfanfälle, sogenannte Neuroleptika, und weibliche Hormone, die sogenannten Östrogene. Alle diese Medikamente wirken dem Dopamin entgegen. Dopamin ist ein Botenstoff, mit dem der Hypothalamus und das Nervensystem die Produktion von Prolaktin im Hypophysenvorderlappen hemmen, damit es nicht zu einem Prolaktinüberschuss kommt. Wird durch die oben aufgeführten Medikamente die Wirkung von Dopamin aufgehoben, ist die Produktion von Prolaktin im Hypophysenvorderlappen ungebremst. Ein Prolaktinüberschuss ist die Folge.

Selten entsteht auf die gleiche Weise ein Prolaktinüberschuss, wenn der Hypophysenstiel oder der Hypothalamus durch einen Unfall, einen Tumor, eine Operation oder eine Bestrahlung beschädigt werden. Denn in diesen Fällen kann das Dopamin dann nicht mehr vom Nervensystem über den Hypothalamus und den Hypophysenstiel zum Hypophysenvorderlappen transportiert werden und die Produktion von Prolaktin im Hypophyenvorderlappen hemmen. Ein Tumor kann zu einer Schädigung des Hypothalamus oder des Hypophysenstiels führen, da die Tumorzellen sich wegen eines Fehlers so oft sie wollen teilen und nicht mehr auf die Anweisungen des Körpers hören. Dadurch wird ein Tumor immer grösser und drückt auf das umliegende normale Gewebe. Durch den Druck wird das normale Gewebe dermassen geschädigt, dass es abstirbt.

Auch eine Schilddrüsenunterfunktion oder ein TRH-Überschuss kann zu einem Prolaktinüberschuss führen, da die Regelkreise der Schilddrüsenhormonproduktion und der Prolaktinproduktion verbunden sind. Nimmt die Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut ab, wird dies vom Hypothalamus wahrgenommen. Um die Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut zu normalisieren, regt der Hypothalamus mit einer bestimmten Substanz, dem TRH, die Produktion von thyreoideastimulierendem Hormon im Hypophysenvorderlappen an. Das thyreoideastimulierende Hormon regt dann die Produktion von Schilddrüsenhormonen in der Schilddrüse an und die Menge an Schilddrüsenhormon im Blut normalisiert sich wieder. Der Hypothalamus fördert im Hypophysenvorderlappen mit dem TRH aber nicht nur die Produktion von thyreoideastimulierendem Hormon, sondern gleichzeitig auch die Produktion von Prolaktin.

Normalerweise stellt dieser Zusammenhang der Regelkreise der Schilddrüsenhormonproduktion und der Prolaktinproduktion kein Problem dar. Leidet eine Person aber an einem Schilddrüsenhormonmangel durch eine Veränderung des Hypophysenvorderlappens oder der Schilddrüse, produziert der Hypothalamus immer mehr TRH, um die Produktion von thyreoideastimulierendem Hormon im Hypophysenvorderlappen und dadurch die Produktion von Schilddrüsenhormonen in der Schilddrüse anzuregen. Dies gelingt ihm aber nicht, da wegen der Veränderung des Hypophyenvorderlappens oder der Schilddrüse eine vermehrte Produktion von Schilddrüsenhormonen im Körper einfach nicht möglich ist. Das einzige, was der Hypothalamus mit der vermehrten Produktion von TRH erreicht, ist eine vermehrte Produktion von Prolaktin im Hypophysenvorderlappen mit der Folge eines Prolaktinüberschusses im Blut. Ebenfalls zu einem Prolaktinüberschuss kommt es, wenn im Körper wegen eines TRH-Überschusses zu viel TRH vorhanden ist.

Weitere seltenere Ursachen können für einen Prolaktinüberschuss verantwortlich sein. Dazu gehört beispielsweise eine Leberschwäche, bei der die Leber durch eine Veränderung nicht mehr alle ihre Funktionen ausreichend erfüllen und deshalb das Prolaktin im Blut nicht abbauen kann, sodass sich das Prolaktin im Blut anstaut mit der Folge eines Prolaktinüberschusses.

Normal und nur vorübergehend ist eine vermehrte Prolaktinproduktion während der Schwangerschaft, während der Stillzeit, beim Schlafen und bei Stress.

Symptome

Bei einem Prolaktinüberschuss hat es im Blut zu viel Prolaktin. Das Prolaktin hat verschiedene Aufgaben im menschlichen Körper. Prolaktin fördert während der Schwangerschaft gemeinsam mit Östrogen und Progesteron das Wachstum der Brust zur Produktion der Muttermilch. Nach der Schwangerschaft ermöglicht Prolaktin die Produktion von Muttermilch in der Brust und verhindert während der Stillzeit einen regelmässigen Menstruationszyklus mit einem regelmässigen Eisprung. Das Stillen gilt aber nicht als sichere Verhütungsmethode. Auch bei der nicht-schwangeren sowie nicht-stillenden Frau und beim Mann hat das Prolaktin Einfluss auf die Fruchtbarkeit, da das Prolaktin, wenn es in grösserer Menge im Körper vorhanden ist, die Produktion von Gonadotropinen im Hypophysenvorderlappen und damit die Funktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau stört.

Bei der schwangeren oder stillenden Frau ist eine vermehrte Menge an Prolaktin im Blut normal. Bei der nicht-schwangeren und nicht-stillenden Frau hingegen ist ein anhaltender Prolaktinüberschuss nicht normal und kann zu unterschiedlichen Beschwerden führen. Die Hauptbeschwerden einer nicht-schwangeren und nicht-stillenden Frau mit einem Prolaktinüberschuss sind eine milchige Absonderung aus der Brust, eine sogenannte Galaktorrhoe, und Störungen des Menstruationszyklus. An einer Galaktorrhoe leidet die Hälfte der Betroffenen, wobei die Brust aber meist nicht spontan eine milchige Flüssigkeit absondert, sondern erst beim sorgfältigen Untersuchen der Brust.

An Störungen des Menstruationszyklus mit ausbleibendem Eisprung und Unfruchtbarkeit leiden etwa 90 Prozent aller betroffenen nicht-schwangeren und nicht-stillenden Frauen. Der Grund für diese Störungen liegt darin, dass das vermehrte Prolaktin im Hypophysenvorderlappen die Produktion der zwei Gonadotropine luteinisierendes Hormon LH und follikelstimulierendes Hormon FSH hemmt. Die Gonadotropine beeinflussen bei der Frau normalerweise das Wachstum, die Funktion und die Sexualhormonproduktion der Eierstöcke. Das luteinisierende Hormon regt in den Eierstöcken die Produktion von Östrogen, dem wichtigsten weiblichen Sexualhormon, und Progesteron an. Östrogen und Progesteron regulieren zusammen den Menstruationszyklus. Das luteinisierende Hormon LH ermöglicht zudem eine Schwangerschaft, indem es bei der Frau zum Eisprung führt und nach dem Eisprung die Umwandlung des Eibläschens, des sogenannten Follikels, in den Gelbkörper bewirkt. Das follikelstimulierende Hormon FSH ermöglicht bei der Frau die Ausreifung der Eizellen und regt gemeinsam mit dem luteinisierenden Hormon in den Eierstöcken die Produktion von Östrogen an.

Wird durch den Prolaktinüberschuss die Menge an luteinisierendem Hormon LH und an follikelstimulierendem Hormon FSH im Blut gesenkt, kommt es bei der Frau deshalb zu Störungen des Menstruationszyklus mit unregelmässigen oder ausbleibenden Monatsblutungen und fehlendem Eisprung, sodass Betroffene nicht schwanger werden können und unfruchtbar sind. Durch die Abnahme der Menge an Östrogen im Blut kommt es langfristig zudem zu einem Verlust der Knochenstabilität mit Knochenbrüchen, einer sogenannten Osteoporose, und zu einer Rückbildung der Schleimhaut der Scheide, was sich unter anderem mit Juckreiz in der Scheide, sich wiederholenden Entzündungen der Scheide und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zeigt. Der Prolaktinüberschuss kann zudem zu psychischen Veränderungen wie vermehrter Ängstlichkeit und Depression führen.

Beim Mann ist eine anhaltend zu grosse Menge an Prolaktin im Blut nie normal und kann sich mit verschiedenen Beschwerden zeigen. Die Hauptbeschwerden beim Mann sind Störungen der Potenz, eine Abnahme des sexuellen Verlangens und Unfruchtbarkeit. Der Grund für diese Störungen liegt darin, dass das vermehrte Prolaktin im Hypophysenvorderlappen die Produktion der zwei Gonadotropine luteinisierendes Hormon LH und follikelstimulierendes Hormon FSH hemmt. Die Gonadotropine beeinflussen beim Mann normalerweise das Wachstum, die Funktion und die Sexualhormonproduktion der Hoden. Das luteinisierende Hormon LH bewirkt normalerweise in den Hoden die Produktion von Testosteron, dem wichtigsten männlichen Sexualhormon. Das Testosteron ermöglicht dann gemeinsam mit dem follikelstimulierenden Hormon FSH die Ausreifung der Spermien.

Wird durch den Prolaktinüberschuss die Menge an luteinisierendem Hormon LH und an follikelstimulierendem Hormon FSH im Blut gesenkt, kommt es beim Mann deshalb zu einem Testosteronmangel mit Störung der Potenz, Abnahme des sexuellen Verlangens und nicht ausgereiften Spermien, sodass die Spermien eine weibliche Eizelle nicht befruchten können und die betroffenen Männer deshalb unfruchtbar sind. Eine Absonderung von milchiger Flüssigkeit aus der Brust, eine sogenannte Galaktorrhoe, tritt bei Männern mit einem Prolaktinüberschuss nur selten auf.

Ist ein Tumor des Hypophysenvorderlappens, ein sogenanntes Prolaktinom, für den Prolaktinüberschuss verantwortlich und erreicht dieser Tumor eine gewisse Grösse, kann er bei Mann und Frau durch Druck auf die umgebenden Gewebe weitere Beschwerden auslösen. Dazu gehören allgemeine Beschwerden wie anhaltende Kopfschmerzen, aber auch Beschwerden wie eine Einschränkung des Sehens oder Beschwerden durch einen Mangel anderer Hormone der Hirnanhangsdrüse. Zu einer Einschränkung des Sehens kann es kommen, wenn der Tumor auf die in der Nähe verlaufenden Sehnerven drückt. Zu einem Mangel anderer Hormone der Hirnanhangsdrüse kann es kommen, wenn der Tumor so stark auf das ihn umgebende normale Gewebe der Hirnanhangsdrüse drückt, dass dieses Gewebe geschädigt wird und die Hirnanhangsdrüse deshalb nicht mehr ihren Aufgaben nachkommen kann. Die einzelnen Beschwerden, die durch den Mangel dieser Hormone zustande kommen, werden in den entsprechenden Kapiteln besprochen.

Diagnose

Treten bei einem Mann oder einer nicht-schwangeren und nicht-stillenden Frau Beschwerden im Sinne eines Prolaktinüberschusses auf, sollte ein Arzt zur weiteren Abklärung und bei Bedarf Behandlung aufgesucht werden. Der Arzt wird die betroffene Person in einem ausführlichen Gespräch nach Beschwerden und Veränderungen fragen, die ihm einen Hinweis auf einen Prolaktinüberschuss und dessen Ursache geben. Weiter wird er sich nach durchgemachten oder noch anhaltenden Erkrankungen und Therapien erkundigen, die einen Prolaktinüberschuss zur Folge haben können. Insbesondere bei einem Paar, dessen Kinderwunsch nicht in Erfüllung geht, sollte ein Arzt auch an einen Prolaktinüberschuss als Ursache denken. Anschliessend wird der Arzt die betroffene Person von Kopf bis Fuss untersuchen.

Besteht der Verdacht auf einen Prolaktinüberschuss, muss die Menge an Prolaktin im Blut mithilfe einer Blutentnahme gemessen werden. Diese Blutentnahme sollte frühestens ein bis zwei Stunden nach dem Aufstehen bei nüchternen und möglichst wenig gestressten Personen gemacht werden, da die Menge an Prolaktin im Blut während dem Schlaf grösser ist als im Wachzustand und ausserdem durch Stress die Menge an Prolaktin im Blut zunimmt. Die Menge an Prolaktin im Blut ist bei einem Prolaktinüberschuss vergrössert. Zudem kann im Blut die Menge der anderen Hormone, die von der Hirnanhangsdrüse hergestellt werden, kontrolliert werden. Auf diese Weise zeigt sich, ob der Betroffene nur an einem Prolaktinüberschuss leidet oder ob der Prolaktinüberschuss noch von einem Mangel anderer Hormone begleitet wird.

Wurde der Verdacht auf einen Prolaktinüberschuss mit der Blutentnahme bestätigt, muss die Ursache des Prolaktinüberschusses gesucht werden. Bereits im Gespräch sollte ausgeschlossen werden, dass die Person schwanger ist oder stillt. Zudem kann im Gespräch nach Medikamenten gefragt werden, die einen Prolaktinüberschuss verursachen können. Mit einer Bestimmung der Schilddrüsenhormone im Blut kann festgestellt werden, ob die Person an einer Schilddrüsenunterfunktion leidet, die zu einem Prolaktinüberschuss geführt haben könnte. Ein Tumor des Hypophysenvorderlappens, ein sogenanntes Prolaktinom, oder eine Veränderung des Hypophysenstiels oder des Hypothalamus können am besten mit einer Magnetresonanztomographie MRI dargestellt werden.

Ist ein Tumor des Hypophyenvorderlappens für den Prolaktinüberschuss verantwortlich, sollen die Betroffenen noch von einem Augenarzt auf Einschränkungen des Sehens durch Druck des Tumors auf die Sehnerven hin untersucht werden, da dies einen Einfluss auf die Behandlungsstrategie haben kann.

Therapie

Bei einem Prolaktinüberschuss sollte immer die Ursache behandelt werden, wenn dies möglich ist. Wenn eine Schwangerschaft oder eine Stillzeit für den Prolaktinüberschuss verantwortlich sind, sollte selbstverständlich nichts unternommen werden, da ein Prolaktinüberschuss in diesen Fällen absolut normal ist und die Menge an Prolaktin im Blut sich nach Abschluss der Stillzeit von selbst normalisiert. Sind Medikamente für den Prolaktinüberschuss verantwortlich sollten diese entweder vermindert oder gar gestoppt werden, wenn dies möglich ist, oder aber durch Medikamente ersetzt werden, die nicht zu einem Prolaktinüberschuss führen.

Ist ein Tumor des Hypophysenvorderlappens, ein sogenanntes Prolaktinom, für den Prolaktinüberschuss verantwortlich, hängt die Behandlung von der Grösse des Tumors ab. Es wird zwischen kleinen Tumoren des Hypophysenvorderlappens, sogenannten Mikroprolaktinomen, und grossen Tumoren des Hypophysenvorderlappens, sogenannten Makroprolaktinomen, unterschieden.
Ist der Tumor des Hypophysenvorderlappens sehr klein und die Menge an Prolaktin im Blut nur wenig vergrössert, kann auf Wunsch des Betroffenen nach einem ausführlichen Gespräch vorläufig auf eine Behandlung verzichtet werden. Diese Betroffenen müssen aber regelmässig auf Veränderungen durch einen Arzt kontrolliert werden. Solche sehr kleinen Tumoren sollten aber bei Frauen immer behandelt werden, wenn eine Schwangerschaft gewünscht wird, eine milchige Absonderung aus der Brust belastend ist oder ein erhöhtes Risiko für eine Osteoporose besteht. Bei Männern sollten dementsprechend solche sehr kleine Tumoren bei Störungen der Potenz, der sexuellen Verlangens und der Fruchtbarkeit behandelt werden. Eine Behandlung dieser sehr kleinen Tumoren sollte dabei immer zuerst mit Medikamenten, sogenannten Dopaminagonisten, durchgeführt werden. Dopaminagonisten sind Medikamente, die ähnlich wie Dopamin wirken. Dopamin ist ein Botenstoff, mit dem der Hypothalamus und das Nervensystem die Produktion von Prolaktin im Hypophysenvorderlappen hemmen, damit es nicht zu einem Prolaktinüberschuss kommt.

Wird daher bei einem Prolaktinüberschuss wegen eines Tumors des Hypophysenvorderlappens eine Behandlung mit einer genügend hohen Dosis eines Dopaminagonisten durchgeführt, wird die Produktion von Prolaktin im Tumor bei den meisten Betroffenen prompt gehemmt und die Menge an Prolaktin im Blut unverzüglich gesenkt. Zudem führen die Dopaminagonisten dazu, dass der Tumor kleiner wird. Da eine Behandlung mit Dopaminagonisten aber auch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Brechreiz, Müdigkeit, Verstopfung und Blutdruckstörungen hervorrufen kann, die für Betroffene belastend sind, wird die Behandlung mit einer kleinen Menge an Dopaminagonisten begonnen. Vertragen die Betroffenen die Dopaminagonisten gut, kann dann in den folgenden Tagen die Menge an Dopaminagonisten gesteigert werden, bis eine für eine gute Behandlung ausreichende Menge an Dopaminagonisten erreicht wird. Nur wenn diese sogenannten Dopaminagonisten von Betroffenen nicht vertragen werden, sollte ein sehr kleiner Tumor mittels einer Operation entfernt werden.


Ist der Tumor des Hypophysenvorderlappens grösser und hat einen Durchmesser von über einem Zentimeter, sodass er auf umliegende Gewebe wie die Sehnerven drücken kann, sollte bei jedem Betroffenen eine Behandlung durchgeführt werden. Auch bei diesen grossen Tumoren wird in der Regel zuerst mit Medikamenten, den sogenannten Dopaminagonisten, behandelt. Bei den meisten Betroffenen kommt es innerhalb von wenigen Tagen zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden mit einem Rückgang der Einschränkung des Sehens. Später nimmt der Tumor durch die Behandlung mit Dopaminagonisten zudem meist an Grösse ab und wird kleiner. Eine operative Entfernung eines grossen Tumors des Hypophysenvorderlappens ist deshalb nur noch selten notwendig, wenn Tumoren mit Einschränungen des Sehens nicht rasch auf die Medikamente ansprechen, wenn Betroffene die Behandlung mit Dopaminagonisten nicht vertragen oder wenn ein nicht länger aufschiebbarer Kinderwunsch besteht. Eine sofortige Entfernung der Hirnanhangsdrüse mit einer Operation muss dann erfolgen, wenn der Tumor nach begonnener Behandlung mit Dopaminagonisten durch Einbluten sehr schnell und stark an Grösse zunimmt und deshalb auf das Gehirn drückt, sodass Betroffene plötzlich starke Kopfschmerzen verspüren und das Bewusstsein verlieren.

Wenn Dopaminagonisten von Betroffenen eines kleinen oder eines grossen Prolaktinoms nicht vertragen werden oder nicht ausreichend wirken und eine Operation bei diesen Betroffenen nicht möglich ist, kann zur Behandlung des Tumors des Hypophyenvorderlappens eine Bestrahlung des Tumors durchgeführt werden. Die Zellen des Tumors werden durch die Bestrahlung geschädigt und sterben nach einer gewissen Zeit ab. Mit dem Absterben der Tumorzellen nimmt die Menge an Prolaktin im Blut nach und nach ab und die Beschwerden durch den Prolaktinüberschuss verschwinden.


Musste die Hirnanhangsdrüse im Rahmen der Behandlung des Prolaktinüberschusses operiert oder bestrahlt werden, kann das normale Gewebe der Hirnanhangsdrüse so stark geschädigt werden, dass es seine Aufgaben nicht mehr ausreichend erfüllen und nicht mehr genügend Hormone herstellen und speichern kann. Betroffene leiden dann an einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse und müssen die fehlenden Hormone lebenslang einnehmen. Bei einem Wachstumshormonmangel sollten Betroffene Wachstumshormone einnehmen, bei einem Mangel an adrenocorticotropem Hormon Glukokortikoide in Form von Kortison, bei einem Mangel des thyreoideastimulierenden Hormons Schilddrüsenhormone, bei einem Mangel der Gonadotropine LH und FSH Sexualhormone oder bei Kinderwunsch Gonadotropine und bei einem Vasopressinmangel Vasopressin.

Das Wachstumshormon muss vor allem bei Kindern und Jugendlichen ersetzt werden. Die restlichen Hormone müssen in der Regel lebenslang eingenommen werden. Zudem müssen Betroffene mit einem Glukokortikoidmangel darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Tagesdosis an Glukokortikoiden bei jeglicher Art von Stress erhöht werden muss, um lebensbedrohliche Situationen zu vermeiden. Ein Prolaktinmangel und ein Oxytozinmangel sind nur sehr selten und müssen nicht mit einem Ersatz der Hormone behandelt werden. Eine solche Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse zeigt sich teilweise erst ein bis zwei Jahre nach der Operation oder der Bestrahlung, sodass die Menge der Hirnanhangsdrüsen-Hormone im Blut nach einer Operation oder Bestrahlung bei Betroffenen regelmässig nachkontrolliert werden sollte.

Prognose

Die Prognose beim Morbus Addison ist bei einer guten Behandlung sehr gut. Es sind keine Einschränkungen der Lebensqualität und der Lebenserwartung zu erwarten. So ist bei guter Zusammenarbeit zwischen Arzt und betroffenen Frauen auch eine Schwangerschaft durchaus möglich.

Autor/in:Dr. Sidonie Achermann, Ärztin
Editor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
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ICD-10:E22.1
Zuletzt geändert:21.11.2016Zum Seitenanfang
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