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Gonadotropinmangel

Synonyme: hypogonadotroper Hypogonadismus, sekundärer Hypogonadismus, hypophysärer Hypogonadismus, Mangel an luteinisierendem Hormon LH, Mangel an follikelstimulierendem Hormon FSH

Zusammenfassung

Beim Gonadotropin-Mangel hat es im Blut eine zu geringe Menge an luteinisierendem Hormon LH und follikelstimulierendem Hormon FSH. Verschiedene Ursachen, wie Veränderungen des Hypophysenvorderlappens oder im Bereich des Hypothalamus, eine Durchtrennung des Hypophysenstiels oder eine Veränderung der Erbinformation, können zu einem Gonadotropin-Mangel führen. Eine Unterfunktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau mit einem dadurch bedingten Sexualhormonmangel und je nach Alter des Betroffenen unterschiedlichen Beschwerden sind die Folge. Die Diagnose eines Gonadotropin-Mangels wird mit Gespräch, körperlicher Untersuchung, Blutuntersuchungen, einem GnRH-Stimulationstest, einer Magnetresonanztomographie MRI und/oder einer Computertomographie CT gestellt. Die Behandlung des Gonadotropin-Mangels hängt von seiner Ursache ab. Die fehlenden Gonadotropine müssen dabei lebenslang mit Sexualhormonen oder Gonadotropinen ersetzt werden.

Allgemeines

Beim Gonadotropin-Mangel hat es im Blut eine zu geringe Menge der zwei Gonadotropine luteinisierendes Hormon (LH) und follikelstimulierendes Hormon (FSH). Der Gonadotropin-Mangel wird in der Fachsprache auch sekundärer oder tertiärer Hypogonadismus oder hypogonadotroper Hypogonadismus genannt Das luteinisierende Hormon und das follikelstimulierende Hormon sind zwei lebenswichtige Hormone, die im Hypophysenvorderlappen, also dem Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse, gebildet werden und deren Produktionsmenge durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, mit Hilfe des Botenstoffes GnRH geregelt wird. Hormone sind Botenstoffe, die die Anweisungen des Körpers seinen einzelnen Organen mitteilen und Meldungen von den Organen an den Körper zurückgeben. Mit den zwei Gonadotropinen LH und FSH beeinflusst der Hypophysenvorderlappen das Wachstum, die Funktion und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Besteht ein Gonadotropin-Mangel, hat es zu wenig LH und FSH im Körper, um den Hoden beim Mann und den Eierstöcken bei der Frau mitzuteilen, dass sie weiterhin wachsen und Sexualhormone produzieren sollen. So stellen die Hoden beim Mann und die Eierstöcke bei der Frau das Wachstum und die Sexualhormonproduktion ein..

Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)

Abbildung: Hirnanhangsdrüse
Hirnanhangdrüse, Hypophyse, Grosshirn, Kleinhirn, Sella turcica, Schädelknochen

Die Hirnanhangsdrüse ist ein kleines lebenswichtiges Organ, das im sogenannten Türkensattel etwa im Zentrum des Schädels unterhalb des Gehirns und damit etwa auf Höhe der Nasenwurzel sitzt (siehe Abbildung). Die Hirnanhangsdrüse besteht aus dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenvorderlappen und der Hypophysenhinterlappen sind in ihrer Funktion voneinander unabhängig.

Der Hypophysenvorderlappen stellt sechs verschiedene Hormone her, mit denen er auf verschiedene Vorgänge im Körper einwirkt. Mit dem Wachstumshormon (GH) beeinflusst der Hypophysenvorderlappen eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an. Mit den zwei unterschiedlichen Gonadotropinen (LH und FSH) nimmt der Hypophysenvorderlappen Einfluss auf das Wachstum und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Mit dem adrenocorticotropen Hormon (ACTH) reguliert der Hypophysenvorderlappen die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde und ermöglicht es dadurch dem Körper, optimal auf Stresssituationen zu reagieren. Mit dem thyreoideastimulierenden Hormon (TSH) regt der Hypophysenvorderlappen in der Schilddrüse das Wachstum, die Jodaufnahme und die Schilddrüsenhormonproduktion an. Und mit dem Prolaktin ermöglicht der Hypophysenvorderlappen in der Brust die Produktion von Muttermilch.

Der Hypophysenhinterlappen selbst kann keine Hormone herstellen. Es speichert die vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, gebildeten Hormone Vasopressin und Oxytozin und schüttet sie bei Bedarf ins Blut aus. Vasopressin (ADH) reguliert den Wasserhaushalt im Körper und befiehlt dabei den Nieren, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Oxytozin erlaubt es der Brust, die gebildete Muttermilch nach aussen abzugeben.

Die Produktion und die Ausschüttung von Wachstumshormon, Gonadotropinen, adrenocorticotropem Hormon, thyreoideastimulierendem Hormon und Prolaktin im Hypophysenvorderlappen werden hauptsächlich durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, gesteuert. Dazu stellt der Hypothalamus gewisse Substanzen her. Ebenso werden die Speicherung und die Ausschüttung von Vasopressin und Oxytozin im Hypophysenhinterlappen durch den Hypothalamus geregelt.

Ursachen

Verschiedene Ursachen können zu einem Gonadotropin-Mangel führen. Meist verursachen Veränderungen des Hypophysenvorderlappens einen Gonadotropin-Mangel, wobei in der Fachsprache von einem sekundären Hypogonadismus die Rede ist. Mögliche Veränderungen im Bereich des Hypophysenvorderlappens kommen durch Tumoren, Verletzungen, Operationen, Bestrahlungen, Infarkte, Entzündungen oder Erkrankungen der Blutbildung zustande. Alle diese Veränderungen schädigen das Gewebe des Hypophysenvorderlappens so stark, dass es seine Aufgaben nicht mehr erfüllen und deshalb nicht mehr genügend von den Gonadotropinen LH und FSH herstellen kann. Ein Gonadotropin-Mangel ist die Folge. Bei Tumoren handelt es sich um fehlerhafte Zellen, die sich wegen des Fehlers so oft teilen, wie sie wollen, ohne auf die Anweisungen des Körpers zu hören. Dadurch werden Tumoren immer grösser und zerdrücken das umliegende Gewebe, sodass dieses seine Aufgaben nicht mehr erledigen kann. Ein solcher Tumor, der zu einem Funktionsausfall der Hirnanhangsdrüse führt, kann aus dem Gewebe der Hirnanhangsdrüse selbst oder dem Gewebe in der Umgebung der Hirnanhangsdrüse entstehen. Ein Beispiel für einen Tumor der Umgebung der Hirnanhangsdrüse ist das sogenannte Kraniopharyngeom. Das Kraniopharyngeom ist ein Tumor, der aus dem Gewebe des Mundhöhlendaches hervorgeht, aus dem während der Entwicklung in der Schwangerschaft auch der Hypophysenvorderlappen entstanden ist.

Bei einem Infarkt, einem sogenannten Schlaganfall, im Bereich der Hirnanhangsdrüse wird das Gewebe des Hypophysenvorderlappens dadurch geschädigt, dass es keine Nährstoffe und Sauerstoff mehr erhält, weil die Blutgefässe verschlossen sind, welche die Hirnanhangsdrüse mit Blut und den darin enthaltenen Nährstoffen und Sauerstoff versorgen. Bei gewissen Erkrankungen der Blutbildung, wie der Hämochromatose oder der Thalassämia major, wird Eisen im Gewebe der Hirnanhangsdrüse eingelagert, wodurch die Zellen des Hypophysenvorderlappens, die für die Produktion der Gonadotropine verantwortlich sind, zerstört werden.

Selten kann eine Blutung in der Hirnanhangsdrüse nach der Geburt eines Kindes zu einer Zerstörung des Gewebes der Hirnanhangsdrüse der Mutter führen. Dabei wird in der Fachsprache von einem sogenannten Sheehan-Syndrom gesprochen.

Selten kann eine Veränderung im Bereich des Hypothalamus zu einem Gonadotropin-Mangel führen, wobei in der Fachsprache dann von einem tertiären Hypogonadismus gesprochen wird. Mögliche Veränderungen im Hypothalamus sind gutartige Tumoren, Schlaganfälle, Operationen, Bestrahlungen oder Ableger bösartiger Tumoren anderer Organe des Körpers im Bereich des Hypothalamus. Diese Veränderungen können das Gewebe des Hypothalamus so stark schädigen, dass es keinen Botenstoff GnRH mehr herstellen und dadurch die Gonadotropin-Produktion des Hypophysenvorderlappens nicht mehr regulieren kann, sodass die Gonadotropin-Produktion im Hypophysenvorderlappen abnimmt und ein Gonadotropin-Mangel die Folge ist.

Auf ähnliche Art und Weise entsteht ein Gonadotropin-Mangel, wenn der Hypothalamus selbst intakt ist, der Hypophysenstiel aber beispielsweise durch einen Unfall durchtrennt wurde. Der Hypophysenstiel stellt die Verbindung zwischen dem Hypothalamus und der Hirnanhangsdrüse dar. Ist der Hypophysenstiel unterbrochen, stellt der Hypothalamus zwar genug von dem Botenstoff GnRH her, um den Hypophysenvorderlappen zu einer ausreichenden Gonadotropin Produktion anzutreiben, dieses GnRH gelangt aber gar nicht zur Hirnanhangsdrüse. Die Hirnanhangsdrüse stellt deshalb wie oben die Gonadotropin-Produktion ein und ein Gonadotropin-Mangel tritt auf.

Eine weitere mögliche Veränderung des Hypothalamus, die zu einem Gonadotropin-Mangel führt, ist das sogenannte Kallmann-Syndrom. Beim Kallmann-Syndrom besteht aus bisher nicht bekanntem Grund eine Veränderung der Erbinformation, die in gewissen Familien vorkommt und von einer Generation an die nächste weitervererbt werden kann. Betroffen von dem Kallmann-Syndrom sind vor allem die männlichen Familienmitglieder. Wegen der Veränderung der Erbinformation fehlen bei betroffenen Familienmitgliedern diejenigen Zellen des Hypothalamus, die für die Herstellung des Botenstoffs GnRH verantwortlich sind. Deshalb leiden Betroffene eines Kallmann-Syndroms an einem GnRH-Mangel, der zu einem Gonadotropin-Mangel und einem Ausbleiben der Pubertät führt. Der Gonadotropin-Mangel wird beim Kallmann-Syndrom zudem häufig von Riechstörungen begleitet, weshalb das Kallmann-Syndrom auch olfaktogenitales Syndrom genannt wird. Neben dem Kallmann-Syndrom können auch andere Syndrome, wie das Prader-Labhardt-Willi-Syndrom, von einem Gonadotropin-Mangel begleitet werden.

Selten besteht eine Veränderung der Erbinformation, die einen Gonadotropin-Mangel verursacht. Eine solche Veränderung der Erbinformation führt dazu, dass der Hypophysenvorderlappen den Botenstoff GnRH des Hypothalamus nicht mehr erkennt. Dadurch kann der Hypothalamus dem Hypophysenvorderlappen nicht mehr mitteilen, dass er Gonadotropine herstellen soll, und der Hypophysenvorderlappen stoppt die Produktion von Gonadotropinen. Ein Gonadotropin-Mangel ist die Folge.

Die ausreichende Produktion des Botenstoffs GnRH im Hypothalamus und der Gonadotropine im Hypophysenvorderlappen kann insbesondere auch durch einen Prolaktinüberschuss oder aber durch einen Wachstumshormonüberschuss, eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Nierenschwäche, eine Essstörung wie beispielsweise die Magersucht (Anorexie), Doping oder extreme körperliche Tätigkeit verhindert werden. Ein GnRH- und ein Gonadotropin-Mangel sind die Folgen. Dieser Mangel an GnRH und an Gonadotropinen besteht aber nur solange, wie diese Veränderungen im Körper vorhanden sind. Sobald diese Veränderungen im Körper aufgehoben sind, nehmen der Hypothalamus und der Hypophysenvorderlappen, deren Gewebe absolut normal ist, ihre Funktionen wieder auf und stellen wieder ausreichend GnRH und Gonadotropine her.

Symptome

Bei einem Gonadotropin-Mangel hat es im Blut eine zu geringe Menge an luteinisierendem Hormon (LH) und an follikelstimulierendem Hormon (FSH), den zwei Gonadotropinen, die im Hypophysenvorderlappen hergestellt werden. Mit den zwei Gonadotropinen LH und FSH beeinflusst der Hypophysenvorderlappen das Wachstum, die Funktion und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Beim Mann regt das luteinisierende Hormon in den Hoden die Produktion von Testosteron, dem wichtigsten männlichen Sexualhormon, an. Das Testosteron ermöglicht dann gemeinsam mit dem follikelstimulierenden Hormon die Ausreifung der Spermien.

Bei der Frau regt das luteinisierende Hormon in den Eierstöcken die Produktion von Östrogen, dem wichtigsten weiblichen Sexualhormon, und Progesteron an. Östrogen und Progesteron regulieren zusammen den Menstruationszyklus. Das luteinisierende Hormon ermöglicht zudem eine Schwangerschaft, indem es bei der Frau zur Freisetzung der Eizelle aus dem Eierstock führt und nach diesem sogenannten Eisprung die Umwandlung des Eibläschens im Eierstock in den Gelbkörper bewirkt. Das follikelstimulierende Hormon ermöglicht bei der Frau die Ausreifung der Eizellen und regt gemeinsam mit dem luteinisierenden Hormon in den Eierstöcken die Produktion von Östrogen an.

Besteht ein Gonadotropin-Mangel, hat es zu wenig LH und FSH im Körper, um den Hoden beim Mann und den Eierstöcken bei der Frau mitzuteilen, dass sie weiterhin wachsen und Sexualhormone produzieren sollen. So stellen die Hoden beim Mann und die Eierstöcke bei der Frau das Wachstum und die Sexualhormonproduktion ein. Betroffene eines Gonadotropin-Mangels leiden deshalb an den Beschwerden der Unterfunktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau mit einem dadurch bedingten Sexualhormonmangel.

Eine Unterfunktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau mit einem dadurch bedingten Sexualhormonmangel hat je nach Alter des Betroffenen unterschiedliche Auswirkungen. Betroffene Kinder kommen nicht in die Pubertät, so dass die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale ausbleibt. Es wird von einem sogenannten Eunuchoidismus gesprochen, für den bei Knaben typische Kennzeichen ein Hochwuchs, eine hohe Stimme wegen fehlendem Stimmbruch und eine Unterentwicklung der Geschlechtsmerkmale mit kleinen Hoden, kleinem Penis und mangelnder bis fehlender Gesichts- und Schambehaarung sind. Bei Mädchen zeigt sich ebenfalls wenig bis keine Schambehaarung, die Regelblutung setzt nicht ein, das Brustwachstum und die weibliche Fettverteilung mit Betonung an den Hüften fehlt.

Tritt ein Gonadotropin-Mangel bei Jugendlichen mit begonnener Pubertät auf, stoppen die Pubertät und die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale. Dadurch sind die Geschlechtsmerkmale nur unvollständig ausgebildet und die Jugendlichen entwickeln keine sexuellen Interessen. Bei männlichen Jugendlichen sind zudem ein Hodenhochstand, bei dem die Hoden nicht aus der Bauchhöhle in den Hodensack gewandert sind, und eine beidseitige Vergrösserung der Brustdrüsen, eine sogenannte Gynäkomastie, häufig. Weibliche Jugendliche haben keine Regelblutung.

Tritt der Gonadotropin-Mangel erst im Erwachsenenalter auf, ist die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale abgeschlossen. Männer mit einem Gonadotropin-Mangel leiden an einer Verminderung oder gar einem Verlust des sexuellen Verlangens, an Impotenz und einem Ausfall der Schamhaare. Die Hoden werden kleiner, können keine Sexualhormone und deshalb keine Spermien mehr produzieren, sodass Männer unfruchtbar werden. Frauen mit einem Gonadotropin-Mangel leiden ebenfalls an einer Verminderung oder gar einem Verlust des sexuellen Verlangens und einem Ausfall der Schamhaare. Zudem tritt bei Frauen eine Störung des Menstruationszyklus mit selteneren oder gar ausbleibenden Regelblutungen und Unfruchtbarkeit auf. Bei beiden Geschlechtern nehmen die Muskelmasse und die Knochenstabilität ab (Osteoporose), die Fettmasse nimmt zu. Eine Blutarmut (Anämie) und depressive Verstimmungen sind möglich.

Je nach Ursache des Gonadotropin-Mangels sind weitere Beschwerden möglich. Tumoren im Bereich des Hypophysenvorderlappens können beispielsweise auf Strukturen in ihrer Umgebung wie die Sehnerven drücken und so zu einer Einschränkung des Sehens führen. Kopfschmerzen sind möglich bei Tumoren im Schädel. Zudem stellen der Hypothalamus und die Hirnanhangsdrüse nicht nur den Botenstoff GnRH und die Gonadotropine LH und FSH her, mit welchen sie das Wachstum, die Funktion und die Sexualhormonproduktion in den Hoden beim Mann und in den Eierstöcken bei der Frau regeln, sondern noch weitere Hormone, mit denen sie beispielsweise die Funktion der Schilddrüse oder die Funktion der Nebennieren regulieren. Durch die Veränderung im Hypothalamus oder in der Hirnanhangsdrüse kann die Produktionsmenge dieser Hormone, die im Hypothalamus oder im Hypophysenvorderlappen hergestellt werden, ebenfalls beeinflusst werden, sodass zusätzliche Beschwerden durch die vermehrte oder verminderte Produktion dieser Hormone zu den Beschwerden des Gonadotropin-Mangels und des Sexualhormonmangels hinzutreten. Diese Beschwerden durch die Über- oder Unterproduktion anderer Hormone des Hypothalamus oder der Hirnanhangsdrüse werden in den entsprechenden Kapiteln des Hypothalamus und der Hirnanhangsdrüse besprochen.

Diagnose

Ist bei einem Kind oder Jugendlichen die Pubertätsentwicklung auffällig oder treten bei einer Person anhaltende Beschwerden im Sinne eines Mangels an Sexualhormonen infolge eines Gonadotropin-Mangels auf, sollte ein Arzt zur weiteren Abklärung und bei Bedarf zur Behandlung aufgesucht werden. Der Arzt wird den Betroffenen in einem ausführlichen Gespräch nach Beschwerden und Veränderungen fragen, die ihm einen Hinweis auf einen Gonadotropin-Mangel geben. Weiter wird er sich nach durchgemachten oder noch anhaltenden Erkrankungen und Therapien erkundigen, die einen Gonadotropin-Mangel zur Folge haben können. Anschliessend wird der Arzt den Betroffenen von Kopf bis Fuss untersuchen.

Hat der Arzt aufgrund der Ergebnisse des Gesprächs und der Untersuchung den Verdacht auf einen Gonadotropin-Mangel, wird er zur Erhärtung des Verdachts die Menge der Gonadotropine LH und FSH im Blut bestimmen. Bei einem Gonadotropin-Mangel ist die Menge der Gonadotropine LH und FSH im Blut zu gering. Um diese Messung zu bestätigen, kann die Menge an Sexualhormonen im Blut bestimmt werden. Dazu wird beim Mann die Menge an Testosteron, dem wichtigsten männlichen Sexualhormon, gemessen, bei der Frau die Menge an Östrogen, dem wichtigsten weiblichen Sexualhormon. Bei einem Gonadotropin-Mangel ist die Menge an Sexualhormonen im Blut erniedrigt. Bei jeder Person, bei der der Verdacht auf einen Sexualhormonmangel im Rahmen eines Gonadotropin-Mangels besteht, sollte zudem die Menge an Prolaktin im Blut gemessen werden. Prolaktin ist ein Botenstoff, der im Hypophysenvorderlappen gebildet und ans Blut abgegeben wird und dessen Produktion vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, streng überwacht wird. Ein Überschuss an Prolaktin im Blut führt zu einem Gonadotropin-Mangel mit einem Sexualhormonmangel.

Mit einem sogenannten GnRH-Stimulationstest kann zwischen einem Gonadotropin-Mangel aufgrund einer Veränderung im Hypothalamus und einem Gonadotropin-Mangel aufgrund einer Veränderung im Hypophysenvorderlappen unterschieden werden. GnRH ist die Substanz, mit der der Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, dem Hypophysenvorderlappen befiehlt, die Gonadotropine LH und FSH zu produzieren. Beim GnRH-Stimulationstest wird bei dem Betroffenen die Menge der Gonadotropine LH und FSH im Blut bestimmt. Danach wird dem Betroffenen GnRH in eine Vene gespritzt und die Messung der Gonadotropine LH und FSH im Blut nach einer Stunde wiederholt.

Handelt es sich bei dem Gonadotropin-Mangel um eine Veränderung des Hypothalamus, durch welche kein GnRH mehr im Hypothalamus hergestellt werden kann, bewirkt das gespritzte GnRH bei der untersuchten Person eine vermehrte Gonadotropinproduktion im Hypophysenvorderlappen und einen Anstieg der Gonadotropinmenge bei der zweiten Blutentnahme. Bei einem Betroffenen eines Gonadotropin-Mangels wegen einer Veränderung des Hypophysenvorderlappens können wegen der Veränderung im Hypophysenvorderlappen trotz der Aufforderung zur vermehrten Produktion durch das gespritzte GnRH nicht mehr Gonadotropine LH und FSH hergestellt werden. Deshalb zeigt sich bei Betroffenen eines Gonadotropin-Mangels wegen einer Veränderung im Bereich des Hypophysenvorderlappens nach dem Spritzen von GnRH in der zweiten Blutentnahme keine Zunahme der Menge der Gonadotropine LH und FSH.

Mit Hilfe von bildgebenden Untersuchungen wie der Computertomographie CT oder der Magnetresonanztomographie MRI können Veränderungen im Bereich der Hirnanhangsdrüse und des Hypothalamus dargestellt werden. Und mit Hilfe einer Messung der anderen Hormone im Blut, die neben den Gonadotropinen LH und FSH im Hypophysenvorderlappen und im Hypothalamus hergestellt werden, kann bestimmt werden, ob die Betroffenen nur an einem Gonadotropin-Mangel leiden oder ob der Gonadotropin-Mangel noch von einem Mangel oder einem Überschuss anderer Hormone begleitet wird.

Therapie

Die Behandlung eines Gonadotropin-Mangels hängt von seiner Ursache ab. Es sollte immer die Ursache behandelt werden, wenn dies möglich ist. Infektionen, Tumoren oder Ableger bösartiger Tumoren anderer Organe, die das Gewebe des Hypophysenvorderlappens verändern und dadurch einen Gonadotropin-Mangel verursachen, müssen bekämpft werden. Ansonsten breiten sich diese Erkrankungen weiter im Körper aus und verursachen noch mehr Schäden.

So sollten Infektionen je nach Krankheitserreger mit Medikamenten behandelt und Tumoren operativ entfernt, chemotherapiert oder bestrahlt werden. Ebenso müssen ein Prolaktinüberschuss, ein Wachstumshormonüberschuss, eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Nierenschwäche, Essstörungen, Doping oder ein Drang zu extremer körperlicher Tätigkeit behandelt werden. Bei Essstörungen wie einer Magersucht sollten Betroffene psychiatrisch betreut werden.

Teilweise kann die Ursache des Gonadotropin-Mangels aber gar nicht behandelt werden oder aber der Gonadotropin-Mangel mit dem dadurch bedingten Mangel an Sexualhormonen bleibt trotz erfolgreicher Behandlung der Ursache bestehen. In diesen Fällen sollten die Beschwerden der Betroffenen durch den Mangel an Sexualhormonen mit dem Ersatz der Sexualhormone oder der Gonadotropine LH und FSH bekämpft werden. Bei Knaben, männlichen Jugendlichen und Männern, die an einem Gonadotropin-Mangel leiden, können die wegen dem Gonadotropin-Mangel fehlenden männlichen Sexualhormone mit Testosteron in Form von Spritzen in den Muskel oder in Form von Gel oder Pflastern ersetzt werden.

Testosteron ist das wichtigste männliche Sexualhormon. Bei Mädchen, weiblichen Jugendlichen und Frauen, die an einem Gonadotropin-Mangel leiden, können die wegen dem Gonadotropin-Mangel fehlenden weiblichen Sexualhormone mit Östrogen in Tablettenform oder in Form von Pflastern ersetzt werden. Östrogen ist das wichtigste weibliche Sexualhormon. Falls jedoch bei betroffenen Frauen oder Männern ein Kinderwunsch besteht, reicht dieser Ersatz der Sexualhormone nicht aus. Um einen Kinderwunsch erfüllen zu können, muss bei den betroffenen Frauen der normale Menstruationszyklus und bei betroffenen Männern die Produktion von Spermien wieder in Gang gebracht werden.

Dazu ist die Gabe der Gonadotropine LH und FSH in einem bestimmten Rhythmus notwendig. Die Gonadotropine bewirken dann Wachstum, Funktion und Produktion der notwendigen Sexualhormone der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Die Gonadotropine können betroffenen Frauen und Männern mit Kinderwunsch in Form von Spritzen in den Muskel oder in Form einer Pumpe, die den nötigen Rhythmus einhält, gegeben werden, bis es zur gewünschten Schwangerschaft gekommen ist. Danach werden den betroffenen Frauen und Männern wieder die notwendigen Sexualhormone gegeben und nicht mehr die Gonadotropine, da der Ersatz der Gonadotropine deutlich aufwendiger und belastender ist als der Ersatz der Sexualhormone.

Sind weitere Regelkreisläufe wie derjenige der Schilddrüse oder derjenige der Nebennierenrinde durch die Veränderung in der Hirnanhangsdrüse oder im Hypothalamus gestört, müssen die Betroffenen zudem Schilddrüsenhormone, Glukokortikoide und Mineralokortikoide in Tablettenform einnehmen.

Prognose

Die Prognose einer Person mit einem Gonadotropin-Mangel hängt von der Ursache der Erkrankung ab. Kann die Ursache des Gonadotropin-Mangels aber gut behandelt werden und werden die Sexualhormone regelmässig eingenommen, ist die Prognose sehr gut.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
Editor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
Keywords:Gonadotropin-Mangel, hypogonadotroper Hypogonadismus, sekundärer Hypogonadismus, tertiärer Hypogonadismus, Gonadotropinmangel, hypophysärer Hypogonadismus, LH-Mangel, FSH-Mangel, Mangel an luteinisierendem Hormon, Mangel an follikelstimulierendem Hormon, Mangel an LH, Mangel an FSH, LH, luteinisierendes Hormon, FSH, follikelstimulierendes Hormon, Sheehan Syndrom, Kallmann Syndrom, Sheehan-Syndrom, Kallmann-Syndrom, olfaktogenitales Syndrom, GnRH-Stimulationstest, Amenorrhoe, Sterilität, Unfruchtbarkeit, Impotenz, ausbleibende Pubertät, fehlende Geschlechtsmerkmale, fehlende sekundäre Geschlechtsmerkmale, Hodenatrophie, Gynäkomastie
ICD-10:E23.0, E23.1
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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