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Untersuchung des Mutterkuchens

Synonyme: Chorionzottenbiopsie, Chorionbiopsie, Plazentapunktion

Zusammenfassung

Bei der Untersuchung des Mutterkuchens der schwangeren Frau, in der Fachsprache Chorionzottenbiopsie genannt, werden bei einem Verdacht auf eine Veränderung der Erbinformation, eine Erbkrankheit oder eine Stoffwechselstörung des ungeborenen Kindes Bestandteile des Mutterkuchens, sogenannte Chorionzotten, entnommen. Diese Chorionzotten enthalten in der Regel die gleichen Erbinformationen wie das ungeborene Kind.

Die Entnahme des Gewebes aus dem Mutterkuchens erfolgt entweder mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren oder mit einem dünnen, flexiblen Plastikschlauch, der durch die Scheide und den Gebärmutterhals bis in die Gebärmutter vorgeschoben wird. Die Untersuchung durch die Scheide und den Gebärmutterhals wird aber immer seltener durchgeführt, da sie ein grösseres Risiko für die Mutter und das ungeborene Kind darstellt. Die Untersuchung wird unter ständiger Ultraschallkontrolle durchgeführt, um das Kind im Mutterleib durch die Nadel oder den Plastikschlauch nicht zu verletzen. Anschliessend an die Entnahme wird das Gewebe des Mutterkuchens durch einen Spezialisten untersucht.

Eine Untersuchung des Mutterkuchens kann ab der 10. bis 11. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Die Untersuchung kann durch die Bauchdecke aber auch noch später in der Schwangerschaft durchgeführt werden und heisst dann Plazentapunktion. Das Ergebnis der Untersuchung liegt in der Regel nach wenigen Tagen vor. Zuerst wird ein Schnelltest durchgeführt, durch den die häufigsten Störungen der Erbinformation bereits einen bis zwei Arbeitstage nach der Untersuchung ausgeschlossen werden können. Die gewonnenen Zellen werden aber auch noch aufbereitet, vermehrt und nochmals genau untersucht. Das Ergebnis daraus liegt nach etwa zehn Tagen vor.

Der Vorteil der Untersuchung des Mutterkuchens im Vergleich zur Fruchtwasseruntersuchung, der sogenannten Fruchtwasseruntersuchung, ist die Möglichkeit der frühen Durchführung und der Erhalt des Ergebnisses nach wenigen Tagen. Der Nachteil der Untersuchung des Mutterkuchens ist das höhere Risiko dieses Eingriffs im Vergleich zur Fruchtwasseruntersuchung und die Notwendigkeit der Verwendung einer etwas dickeren Nadel für den Eingriff als bei der Fruchtwasseruntersuchung. Das Risiko der Untersuchung des Mutterkuchens ist aber nur dann höher als das der Fruchtwasseruntersuchung, wenn die Untersuchung durch die Scheide und den Gebärmutterhals durchgeführt wird.

Die Untersuchung des Mutterkuchens wird einer Schwangeren angeboten, wenn ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation, für eine schwerwiegende Stoffwechselstörung, für gewisse Fehlbildungen oder für bestimmte Infektionen des ungeborenen Kindes besteht. Mit Hilfe der Untersuchung des Mutterkuchens können Veränderungen von Anzahl und Struktur der Erbinformation, Erbkrankheiten, Stoffwechselstörungen oder Infektionen des ungeborenen Kindes erkannt werden. Die meisten Fehlbildungen von Kindern, vor allem die Fehlbildungen des Herzens, die sogenannten Herzfehler, können aber mit einer Untersuchung des Mutterkuchens nicht nachgewiesen oder bestätigt werden.

Bei der Untersuchung des Mutterkuchens kommt es bei etwa einer von hundert Untersuchungen zu einer Fehlgeburt. Diese Zahl ist noch etwas höher, wenn die Untersuchung über die Scheide und den Gebärmutterhals durchgeführt wird. Aber auch Blutungen, vorzeitige Wehen, eine Infektion der Eihäute und ein vorzeitiger Blasensprung sind möglich. Die Entnahme von Gewebe aus dem Mutterkuchen der schwangeren Frau ist also nicht absolut ungefährlich. Zusätzlich gelingt nicht jede Untersuchung auf Anhieb. Das Ergebnis der Untersuchung des Mutterkuchens ist in fast allen Fällen richtig. In wenigen Fällen ergibt die Fruchtwasseruntersuchung aber ein falsches Ergebnis und bezeichnet ein gesundes Kind fälschlicherweise als krank oder ein krankes Kind fälschlicherweise als gesund.

Wie wird die Untersuchung des Mutterkuchens durchgeführt?

Die Untersuchung des Mutterkuchens kann ab der 10. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
Der Arzt stellt mit einer Ultraschalluntersuchung die genaue Lage des Kindes in der Gebärmutter fest und bestimmt dann am Bauch der Schwangeren eine geeignete Einstichstelle zur Entnahme von Gewebe des Mutterkuchens, sodass das Kind im Mutterleib bei der Untersuchung nicht verletzt wird. Gleichzeitig wird mit dem Ultraschall die richtige Stelle in der Gebärmutter zur Entnahme des Gewebes aus dem Mutterkuchen bestimmt. Dann sticht der Arzt mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren in die Fruchthöhle. Eine örtliche Betäubung oder Schmerzmittel sind bei diesem Eingriff in der Regel nicht nötig, da der Schmerz meist sehr gering ist.

Bei der Entnahme von Gewebe mit Hilfe eines dünnen, flexiblen Plastikschlauchs, der durch die Scheide und den Gebärmutterhals bis in die Gebärmutter vorgeschoben wird, wird mit Hilfe des Ultraschalls ebenfalls die richtige Stelle in der Gebärmutter zur Entnahme des Gewebes aus dem Mutterkuchen bestimmt. Es wird nur eine kleine Menge Gewebe des Mutterkuchens entnommen, etwa 20 Milligramm. Das ist etwa der fünfzigste Teil eines Gramms.

Welche Gründe sprechen für eine Untersuchung des Mutterkuchens?

Darstellung eines Säuglings mit einem offenen Rücken, einer sogenannten Spina bifida, von hinten. Eine Spina bifida ist eine Fehlbildung, bei der sich das Rückenmark und die Wirbelsäule bei einem Kind während seiner Entwicklung in der Schwangerschaft nicht richtig entwickelt haben. In diesem Fall ist die Spina bifida dermassen ausgeprägt, dass die Wirbelsäule nicht geschlossen ist und das Rückenmark mit der Rückenmarkshaut nach aussen vortritt, was am Rücken des Kindes als Vorwölbung sichtbar ist.
Offfener Rücken, spina bifida, Verwölbung am Rücken, Missbildung des Rückenmarks, Mangel an Folsäure

Die Untersuchung des Mutterkuchens wird einer Schwangeren angeboten, wenn ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation, eine schwerwiegende Stoffwechselstörung, eine Fehlbildung oder eine bestimmte Infektion des ungeborenen Kindes besteht.

Ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation des Kindes besteht bei Schwangeren, die älter als 34 Jahre sind, da mit steigendem Lebensalter der Mutter das Risiko für eine Störung der Erbinformation des Kindes steigt. Ein Grund für eine Untersuchung des Mutterkuchens sind auch auffällige Ergebnisse beim Ersttrimester-Screening oder beim AFPplus Test. Mit dem sogenannten Ersttrimester-Screening wird das Risiko einer Trisomie 21, einer speziellen Veränderung der Erbinformation, beim ungeborenen Kind abgeschätzt. Mit einem sogenannten AFPplus Test wird das Risiko für eine Veränderung der Erbinformation, wie eine Trisomie 21, und für eine Spina bifida (vgl. Abbildung) oder Anenzephalie beim ungeborenen Kind abgeschätzt. Als Spina bifida wird in der Fachsprache der sogenannte offene Rücken bezeichnet. Unter Anenzephalie versteht man das Fehlen grosser Teile des Gehirns und des Schädelknochens. Ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation des ungeborenen Kindes besteht auch dann, wenn bei den Eltern, den Geschwistern oder anderen Verwandten des Kindes ein Defekt der Erbinformation bekannt ist. Hat die Schwangere bereits ein Kind mit einer Störung der Erbinformation geboren, dann ist auch das Risiko für ein weiteres Kind erhöht. Dieses erhöhte Risiko kann mit einer Untersuchung des Mutterkuchens ausgeschlossen oder bestätigt werden.

Weiter kann eine Untersuchung des Mutterkuchens bei auffälligen Befunden in der Ultraschalluntersuchung mit Hinweisen auf Entwicklungsstörungen oder Fehlbildungen des ungeborenen Kindes, bei gewissen Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft, die auch das Kind gefährden, bei sogenannten wiederholten Fehlgeburten oder auf Wunsch der Mutter durchgeführt werden.

Welche Krankheiten können erkannt werden?

Die sogenannten Chorionzotten stammen aus dem Mutterkuchen der schwangeren Frau. Dieses Gewebe enthält in der Regel dieselbe Erbinformation wie alle anderen Organe des Kindes. Entweder durch direkte Untersuchung der Erbinformation oder nach entsprechender Aufbereitung und Vermehrung der Zellen aus dem Gewebe des Mutterkuchens in speziellen Labors und anschliessender Untersuchung können verschiedene Krankheiten erkannt werden. Dazu gehören Veränderungen der Erbinformation wie das Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt, bei dem ein überzähliges Chromosom vorhanden ist.

Chromosomen sind die Strukturen, die die Erbinformationen speichern. Mit der Untersuchung des Mutterkuchens kann auch erkannt werden, dass ein Teil eines Chromosoms doppelt vorhanden ist oder gänzlich fehlt. Zudem kann mit der Untersuchung des Mutterkuchens festgestellt werden, ob das ungeborene Kind Erbkrankheiten, also Krankheiten, die in gewissen Familien von einer Generation an die nächste vererbt werden können, oder Stoffwechselerkrankungen hat. Bei diesen Erkrankungen sind in der Regel in der Familie bereits Erkrankungen aufgetreten und es besteht eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser Erkrankung beim ungeborenen Kind.

Bei verschiedenen Infektionen wie den Röteln kann der Krankheitserreger, falls er von der Mutter auf das Kind übertragen wurde, im Gewebe des Mutterkuchens nachgewiesen werden. Eine Untersuchung des Mutterkuchens mit der Suche nach einer Infektion wird dann durchgeführt, wenn Hinweise bestehen, dass sich die Schwangere während der Schwangerschaft mit einem Krankheiterreger angesteckt hat, der dem ungeborenen Kind einen grossen Schaden zufügen kann.

Welche Komplikationen können bei einer Untersuchung des Mutterkuchens auftreten?

Bei der Untersuchung des Mutterkuchens können Komplikationen auftreten. Deshalb wird eine Untersuchung des Mutterkuchens nur nach einem ausführlichen Gespräch mit den zukünftigen Eltern und in den Fällen durchgeführt, in denen sie wirklich notwendig ist.

Bei hundert durchgeführten Untersuchungen des Mutterkuchens kommt es bei etwa einer Schwangeren zu einer Fehlgeburt. Neben der Fehlgeburt ist die häufigste Komplikation einer Entnahme von Gewebe aus dem Mutterkuchen ein vorzeitiger Blasensprung. Unter einer Fehlgeburt versteht man die vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft, noch bevor das Kind ausserhalb des Mutterleibs überleben kann. Als vorzeitiger Blasensprung wird das Zerreisen der Fruchtblase noch vor dem Beginn der Eröffnungsperiode der Geburt bezeichnet.

Ein Zusammenziehen der Gebärmutter im Sinne von Wehen tritt nach einer Untersuchung des Mutterkuchens relativ häufig auf, lässt in der Regel aber rasch wieder nach. Infektionen, Blutungen oder Verletzungen der Gebärmutter werden seltener beobachtet. Eine Verletzung des Kindes durch die Einstichnadel ist extrem selten, da während der ganzen Untersuchung mit einem Ultraschall kontrolliert wird, dass das Kind nicht mit der Nadel verletzt wird. In seltenen Fällen kann der Eingriff aus technischen Gründen nicht durchgeführt werden oder misslingt.

Wo liegen die Grenzen der Untersuchung des Mutterkuchens?

Mit der Untersuchung des Mutterkuchens können nur Erkrankungen nachgewiesen werden, die mit einer Veränderung der Zahl oder der Struktur der Chromosomen einhergehen, durch eine bereits in der Familie bekannte Erbkrankheit hervorgerufen werden oder Krankheitserreger im Mutterkuchen aufweisen. Chromosomen sind die Strukturen, die die Erbinformationen enthalten. Die meisten Fehlbildungen von Kindern, vor allem die Fehlbildungen des Herzens, die sogenannten Herzfehler, sind somit in einer Untersuchung des Mutterkuchens nicht erkennbar. Mit der Ultraschalluntersuchung in der 20. Schwangerschaftswoche, einer Routine-Untersuchung während der Schwangerschaft, können derartige Fehlbildungen in vielen Fällen aber durch den Arzt erkannt werden. Eine Ultraschalluntersuchung kann aber keine Rückschlüsse auf die Erbanlagen des ungeborenen Kindes geben und kann deshalb eine Untersuchung des Mutterkuchens nicht ersetzen.

Untersuchung des Mutterkuchens oder Fruchtwasseruntersuchung?

Mit beiden Methoden können Störungen der Erbanlagen und bestimmte Erbkrankheiten des Kindes ausgeschlossen werden. Bei der Untersuchung des Mutterkuchens wird mit einer feinen Nadel etwas Gewebe vom Mutterkuchen entnommen, bei der Fruchtwasseruntersuchung wird Fruchtwasser aus der Fruchtblase entnommen.

Der Vorteil der Untersuchung des Mutterkuchens, der sogenannten Chorionzottenbiopsie,  ist die Möglichkeit der frühen Durchführung ab der 10. bis 11. Schwangerschaftswoche und der Erhalt des Ergebnisses nach wenigen Tagen. Der Nachteil der Untersuchung des Mutterkuchens sind das leicht höhere Risiko der Chorionzottenbiopsie im Vergleich zur Fruchtwasseruntersuchung und die Notwendigkeit der Verwendung einer etwas dickeren Nadel für den Eingriff.

Der Vorteil der Fruchtwasseruntersuchung, der sogenannten Amniozentese, ist, dass sie für den Arzt einfacher durchführbar ist als die Untersuchung des Mutterkuchens. Der Nachteil der Fruchtwasseruntersuchung ist, dass sie erst ab der 14. Schwangerschaftswoche durchführbar ist und das Ergebnis erst nach 2 bis 3 Wochen vorliegt.

Aufgrund dieser Unterschiede zwischen der Fruchtwasseruntersuchung und der Untersuchung des Mutterkuchens wird in der Regel bei Schwangeren mit einem sehr hohen Risiko eines krankhaften Befundes beim Kind, wie beispielsweise einer vererbbaren Stoffwechselstörung in der Familie, eine Untersuchung des Mutterkuchens durchgeführt und bei Schwangeren mit einem niedrigen Risiko, wie beispielsweise einem Alter der Schwangeren von über 34 Jahren, eine Fruchtwasseruntersuchung.

Was muss sonst noch beachtet werden?

Nicht jede Untersuchung gelingt auf Anhieb. Die Entnahme des Gewebes aus dem Mutterkuchen mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren kann misslingen oder es kann im Labor, das das Gewebe untersucht, eine Untersuchung fehlschlagen. Ausserdem kommt es in einem von zweihundert Fällen vor, dass die Zellen in der Kultur nicht wachsen und deshalb nicht weiter untersucht werden können.

Die Schwangere muss dann entscheiden, ob sie eine Wiederholung des Tests wünscht oder nicht. Das Ergebnis der Untersuchung des Mutterkuchens ist in fast allen Fällen richtig. Das bedeutet, wenn das Ergebnis der Untersuchung des Mutterkuchens ergibt, dass das ungeborene Kind eine Erkrankung hat, dann ist das Kind in fast allen Fällen auch tatsächlich krank. Oder umgekehrt, wenn das Ergebnis der Untersuchung des Mutterkuchens ergibt, dass das ungeborene Kind gesund ist, dann ist das Kind in fast allen Fällen auch tatsächlich gesund. Es gibt aber auch wenige Fälle, in denen die Untersuchung des Mutterkuchens ein gesundes Kind fälschlicherweise als krank oder ein krankes Kind fälschlicherweise als gesund ausgewiesen hat.

Letzteres kann zum Beispiel dann passieren, wenn sich eine Erkrankung nur in einem Teil der Zellen des Kindes zeigt und bei der Untersuchung des Mutterkuchens zufälligerweise nur gesunde Zellen untersucht wurden. In jedem Fall muss der Arzt vor dem Durchführen der Untersuchung ein ausführliches Gespräch mit den Eltern über die Untersuchung, Gründe für die Untersuchung, Komplikationen der Untersuchung, Folgen und Möglichkeiten je nach Ergebnis der Untersuchung führen.

Autor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
Editor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
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Zuletzt geändert:05.11.2016Zum Seitenanfang
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