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Fruchtwasseruntersuchung

Synonyme: Amniozentese, Fruchtwasserpunktion

Zusammenfassung

Bei der Fruchtwasseruntersuchung, in der Fachsprache Amniozentese genannt, wird bei einem Verdacht auf eine Veränderung der Erbinformation, eine Erbkrankheit, eine Stoffwechselstörung, einen offenen Rücken oder eine Infektion des ungeborenen Kindes Fruchtwasser aus der Fruchtblase der schwangeren Frau zur Untersuchung des ungeborenen Kindes entnommen. Die Entnahme des Fruchtwassers erfolgt mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren. Die Untersuchung wird unter ständiger Ultraschallkontrolle durchgeführt, um das Kind im Mutterleib nicht mit der Nadel zu verletzen. Anschliessend an die Entnahme wird das Fruchtwasser durch einen Spezialisten untersucht.

Eine Fruchtwasseruntersuchung kann ab der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Das Ergebnis der Untersuchung liegt nach 2 bis 3 Wochen vor. Dass die Fruchtwasseruntersuchung erst ab der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden kann und die Untersuchung des Fruchtwasser noch weitere 2 bis 3 Wochen benötigt, ist ein Nachteil der Fruchtwasseruntersuchung im Vergleich zur Untersuchung des Mutterkuchens, der sogenannten Chorionzottenbiopsie. Der Vorteil der Fruchtwasseruntersuchung ist, dass die Fruchtwasseruntersuchung für den Arzt einfacher durchführbar ist als die Untersuchung des Mutterkuchens. Das Risiko des Eingriffs ist bei der Fruchtwasseruntersuchung ausserdem leicht geringer.

Die Fruchtwasseruntersuchung wird einer Schwangeren angeboten, wenn ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation, für eine schwerwiegende Stoffwechselstörung, für gewisse Fehlbildungen oder für bestimmte Infektionen beim ungeborenen Kindes besteht. Mit Hilfe der Fruchtwasseruntersuchung kann der Verdacht auf Veränderungen von Anzahl und Struktur der Erbinformation, auf gewisse Erbkrankheiten, auf gewisse Stoffwechselstörungen, auf einen sogenannten offenen Rücken (Spina bifida) oder auf Infektionen des ungeborenen Kindes erhärtet werden. Die meisten Fehlbildungen von Kindern, vor allem die Fehlbildungen des Herzens, die sogenannten Herzfehler, können aber mit einer Fruchtwasseruntersuchung nicht nachgewiesen oder bestätigt werden.

Bei der Fruchtwasseruntersuchung kommt es bei etwa einer von hundert Untersuchungen zu einer Fehlgeburt. Aber auch Blutungen, vorzeitige Wehen, eine Infektion der Eihäute und ein vorzeitiger Blasensprung sind mögliche Komplikationen. Die Entnahme von Fruchtwasser aus der Fruchtblase der schwangeren Frau ist also nicht absolut ungefährlich. Zusätzlich gelingt nicht jede Untersuchung auf Anhieb. Das Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung ist in fast allen Fällen richtig. In wenigen Fällen ergibt die Fruchtwasseruntersuchung aber ein falsches Ergebnis und bezeichnet ein gesundes Kind fälschlicherweise als krank oder ein krankes Kind fälschlicherweise als gesund.

Wie wird eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt?

Eine Fruchtwasseruntersuchung kann ab der 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.
Der Arzt stellt mit einer Ultraschalluntersuchung die genaue Lage des Kindes in der Gebärmutter fest und bestimmt dann am Bauch der Schwangeren eine geeignete Einstichstelle zur Fruchtwasserentnahme, sodass das Kind im Mutterleib bei der Untersuchung nicht verletzt wird. Dann sticht der Arzt mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren in die mit Fruchtwasser gefüllte Fruchtblase. Eine örtliche Betäubung oder Schmerzmittel sind bei diesem Eingriff in der Regel nicht nötig, da der Schmerz meist sehr gering ist. Über die Nadel wird eine sehr kleine Menge Fruchtwasser entnommen, etwa 20 bis 25 Milliliter. Das ist etwa ein Viertel eines Deziliters. Während der ganzen Fruchtwasseruntersuchung kontrolliert der Arzt mit Ultraschall, dass das Kind nicht verletzt wird. Wenn der Mutterkuchen an der Vorderseite der Gebärmutter liegt und gross ist, ist die Fruchtwasseruntersuchung nicht möglich, da für die Fruchtwasseruntersuchung nicht durch den Mutterkuchen durchgestochen werden darf. Sonst treten starke Blutungen auf und das Leben der Mutter und des ungeborenen Kindes sind gefährdet.

Welche Gründe sprechen für eine Fruchtwasseruntersuchung?

Die Fruchtwasseruntersuchung wird einer Schwangeren angeboten, wenn ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation, eine schwerwiegende Stoffwechselstörung, eine Fehlbildung oder eine bestimmte Infektion des ungeborenen Kindes besteht.

Vergrösserte Darstellung eines offenen Rückens, einer sogenannten Spina bifida
Wirbelsäule bei einer Spina bifida, offener Rücken, Fehlbildung der Wirbelsäule
Säugling mit einem offenen Rücken, einer sogenannten Spina bifida, von der Seite
Offener Rücken, Austritt des Rückenmarks
Säugling mit einem offenen Rücken, einer sogenannten Spina bifida, von hinten
Darstellung eines Säuglings mit einem offenen Rücken, einer sogenannten Spina bifida, von hinten. Eine Spina bifida ist eine Fehlbildung, bei der sich das Rückenmark und die Wirbelsäule bei einem Kind während seiner Entwicklung in der Schwangerschaft nich

Ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation des Kindes besteht bei Schwangeren, die älter als 34 Jahre sind, da mit steigendem Lebensalter der Mutter das Risiko für eine Störung der Erbinformation des Kindes steigt. Ein Grund für eine Fruchtwasseruntersuchung sind auch auffällige Ergebnisse beim Ersttrimester-Screening oder beim AFPplus Test. Mit dem sogenannten Ersttrimester-Screening wird das Risiko einer Trisomie 21, einer speziellen Veränderung der Erbinformation, beim ungeborenen Kind abgeschätzt. Mit einem sogenannten AFPplus Test wird das Risiko für eine Veränderung der Erbinformation, wie eine Trisomie 21, und für eine Spina bifida oder Anenzephalie beim ungeborenen Kind abgeschätzt. Als Spina bifida wird in der Fachsprache der sogenannte offene Rücken bezeichnet. Unter Anenzephalie versteht man das Fehlen grosser Teile des Gehirns und des Schädelknochens. Ein erhöhtes Risiko für eine Störung der Erbinformation des ungeborenen Kindes besteht auch dann, wenn bei den Eltern, den Geschwistern oder anderen Verwandten des Kindes ein Defekt der Erbinformation bekannt ist. Hat die Schwangere bereits ein Kind mit einer Störung der Erbinformation geboren, dann ist auch das Risiko für ein weiteres Kind erhöht. Dieses erhöhte Risiko kann mit einer Fruchtwasseruntersuchung ausgeschlossen oder bestätigt werden.


Weiter kann eine Fruchtwasseruntersuchung bei auffälligen Befunden in der Ultraschalluntersuchung mit Hinweisen auf Entwicklungsstörungen oder Fehlbildungen des ungeborenen Kindes, bei gewissen Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft, die auch das Kind gefährden, bei sogenannten wiederholten Fehlgeburten oder auf Wunsch der Mutter durchgeführt werden. Ferner wird eine Fruchtwasseruntersuchung bei manchen Fällen von Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter und Kind eingesetzt.

Welche Krankheiten können erkannt werden?

Im Fruchtwasser befinden sich alte, abgestossene Zellen der Haut, des Magen-Darm-Trakts und der Nieren des ungeborenen Kindes. Diese Zellen enthalten dieselbe Erbinformation wie alle anderen Organe des Kindes. Nach entsprechender Aufbereitung und Vermehrung dieser Zellen in speziellen Labors können verschiedene Krankheiten wie Veränderungen der Erbinformation erkannt werden. Dazu zählen Erkrankungen wie das Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt, bei dem ein überzähliges Chromosom vorhanden ist. Chromosomen sind die Strukturen, die die Erbinformationen speichern. Mit der Fruchtwasseruntersuchung  kann auch erkannt werden, dass ein Teil eines Chromosoms doppelt vorhanden ist oder gänzlich fehlt. Zudem kann mit der Fruchtwasseruntersuchung festgestellt werden, ob das ungeborene Kind Erbkrankheiten, also Krankheiten, die in gewissen Familien von einer Generation an die nächste vererbt werden können, oder Stoffwechselerkrankungen hat. Bei diesen Erkrankungen sind in der Regel in der Familie bereits Erkrankungen aufgetreten und es besteht eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser Erkrankung beim ungeborenen Kind.

Durch die Untersuchung des Fruchtwassers kann auch ein offener Rücken, eine sogenannte Spina bifida, beim ungeborenen Kind festgestellt werden. In diesen Fällen findet man ein bestimmtes Eiweiss, das sogenannte alpha-Fetoprotein, im Fruchtwasser in grösserer Menge als normal. Blutgruppenunverträglichkeiten zwischen Mutter und Kind können ebenfalls mit der Fruchtwasseruntersuchung festgestellt werden, was für die weitere Betreuung von Mutter und Kind während der Schwangerschaft und für die Betreuung des Kindes nach der Geburt wichtig ist.

Bei bestimmten Infektionen wie der Toxoplasmose kann der Krankheitserreger, falls er von der Mutter auf das Kind übertragen wurde, im Fruchtwasser nachgewiesen werden. Eine Fruchtwasseruntersuchung mit der Suche nach einer Infektion wird dann durchgeführt, wenn Hinweise bestehen, dass sich die Schwangere während der Schwangerschaft mit einem Krankheiterreger angesteckt hat, der dem ungeborenen Kind einen grossen Schaden zufügen kann.

Welche Komplikationen können bei einer Fruchtwasseruntersuchung auftreten?

Bei der Fruchtwasseruntersuchung können Komplikationen auftreten. Deshalb wird eine Fruchtwasseruntersuchung nur nach einem ausführlichen Gespräch mit den zukünftigen Eltern und in den Fällen durchgeführt, in denen sie wirklich notwendig ist.

Bei hundert durchgeführten Fruchtwasseruntersuchungen kommt es bei etwa einer Schwangeren zu einer Fehlgeburt. Neben der Fehlgeburt ist die häufigste Komplikation einer Entnahme von Fruchtwasser durch die Bauchdecke ein vorzeitiger Blasensprung. Unter einer Fehlgeburt versteht man die vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft, noch bevor das Kind ausserhalb des Mutterleibs überleben kann. Als vorzeitiger Blasensprung wird das Zerreisen der Fruchtblase noch vor dem Beginn der Eröffnungsperiode der Geburt bezeichnet. Ein Zusammenziehen der Gebärmutter im Sinne von Wehen tritt nach einer Fruchtwasseruntersuchung relativ häufig auf, lässt in der Regel aber rasch wieder nach. Infektionen, Blutungen oder Verletzungen der Gebärmutter werden seltener beobachtet. Eine Verletzung des Kindes durch die Einstichnadel ist extrem selten, da während der ganzen Untersuchung mit einem Ultraschall kontrolliert wird, dass das Kind nicht mit der Nadel verletzt wird. In seltenen Fällen kann der Eingriff aus technischen Gründen nicht durchgeführt werden oder misslingt.

Wo liegen die Grenzen der Fruchtwasseruntersuchung?

Mit einer Fruchtwasseruntersuchung können nur Erkrankungen nachgewiesen werden, die mit einer Veränderung der Zahl oder der Struktur der Chromosomen einhergehen, die durch eine bereits in der Familie bekannte Erbkrankheit hervorgerufen werden oder die eine vermehrte Menge gewisser Substanzen oder Krankheitserreger im Fruchtwasser aufweisen. Chromosomen sind die Strukturen, die die Erbinformationen enthalten. Die meisten Fehlbildungen von Kindern, vor allem die Fehlbildungen des Herzens, die sogenannten Herzfehler, sind somit in einer Fruchtwasseruntersuchung nicht erkennbar. Mit der Ultraschalluntersuchung in der 20. Schwangerschaftswoche, einer Routine-Untersuchung während der Schwangerschaft, können derartige Fehlbildungen in vielen Fällen aber durch den Arzt erkannt werden. Eine Ultraschalluntersuchung kann aber keine Rückschlüsse auf die Erbanlagen des ungeborenen Kindes geben und kann deshalb eine Fruchtwasserentnahme nicht ersetzen.

Fruchtwasseruntersuchung oder Untersuchung des Mutterkuchens?

Mit beiden Methoden können Störungen der Erbanlagen und bestimmte Erbkrankheiten des Kindes ausgeschlossen werden. Bei der Fruchtwasseruntersuchung wird mit einer feinen Nadel Fruchtwasser aus der Fruchtblase entnommen, bei der Untersuchung des Mutterkuchens wird etwas Gewebe vom Mutterkuchen entnommen.

Der Vorteil der Fruchtwasseruntersuchung, der sogenannten Amniozentese, ist, dass sie für den Arzt einfacher durchführbar ist als die Untersuchung des Mutterkuchens. Der Nachteil der Fruchtwasseruntersuchung ist, dass sie erst ab der 14. Schwangerschaftswoche durchführbar ist und das Ergebnis erst nach 2 bis 3 Wochen vorliegt.

Der Vorteil der Untersuchung des Mutterkuchens, der sogenannten Chorionzottenbiopsie,  ist die Möglichkeit der frühen Durchführung ab der 10. bis 11. Schwangerschaftswoche und der Erhalt des Ergebnisses nach wenigen Tagen. Nachteile der Untersuchung des Mutterkuchens sind das leicht höhere Risiko der Chorionzottenbiopsie im Vergleich zur Fruchtwasseruntersuchung und die Notwendigkeit der Verwendung einer etwas dickeren Nadel für den Eingriff.

Aufgrund dieser Unterschiede zwischen der Fruchtwasseruntersuchung und der Untersuchung des Mutterkuchens wird in der Regel bei Schwangeren mit einem sehr hohen Risiko eines krankhaften Befundes beim Kind, wie beispielsweise einer vererbbaren Stoffwechselstörung in der Familie, eine Untersuchung des Mutterkuchens durchgeführt und bei Schwangeren mit einem niedrigen Risiko, wie beispielsweise einem Alter der Schwangeren von über 34 Jahren, eine Fruchtwasseruntersuchung.

Was muss sonst noch beachtet werden?

Nicht jede Untersuchung gelingt auf Anhieb. Die Entnahme des Fruchtwassers mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren kann misslingen oder es kann im Labor, das das Fruchtwasser untersucht, eine Untersuchung fehlschlagen.

Ausserdem kommt es in einem von zweihundert Fällen vor, dass die Zellen in der Kultur nicht wachsen und deshalb nicht weiter untersucht werden können. Die Schwangere muss dann entscheiden, ob sie eine Wiederholung des Tests wünscht oder nicht. Das Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung ist in fast allen Fällen richtig. Das bedeutet, wenn das Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung ergibt, dass das ungeborene Kind eine Erkrankung hat, dann ist das Kind in fast allen Fällen auch tatsächlich krank. Oder umgekehrt, wenn das Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung ergibt, dass das ungeborene Kind gesund ist, dann ist das Kind in fast allen Fällen auch tatsächlich gesund.

Es gibt aber auch wenige Fälle, in denen die Fruchtwasseruntersuchung ein gesundes Kind fälschlicherweise als krank oder ein krankes Kind fälschlicherweise als gesund ausgewiesen hat. Letzteres kann zum Beispiel dann passieren, wenn sich eine Erkrankung nur in einem Teil der Zellen des Kindes zeigt und bei der Fruchtwasseruntersuchung zufälligerweise nur gesunde Zellen untersucht wurden. In jedem Fall muss der Arzt vor dem Durchführen der Untersuchung ein ausführliches Gespräch mit den Eltern über die Untersuchung, Gründe für die Untersuchung, Komplikationen der Untersuchung, Folgen und Möglichkeiten je nach Ergebnis der Untersuchung führen.

Autor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
Editor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
Keywords:Amniozentese, Fruchtwasserpunktion, Fruchtwasseruntersuchung, Untersuchung des Fruchtwassers, Fruchtwasser, Schwangerschaft, Erbinformation, Chromosomen, Erbkrankheiten, Stoffwechselstörungen, Chromosomenanomalien, Chromosomenaberrationen, pränatale Diagnostik, praenatale Diagnostik
Zuletzt geändert:05.11.2016Zum Seitenanfang
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