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Schilddrüsenunterfunktion

Synonyme: Hypothyreose, Schilddrüsenhormonmangel, Schilddrüsenhormonunterproduktion

Zusammenfassung

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion hat es im Blut zu wenig Schilddrüsenhormone. Verschiedene Ursachen können für eine Schilddrüsenunterfunktion verantwortlich sein. Eine Spezialform der Schilddrüsenunterfunktion ist das lebensbedrohliche Myxödem-Koma. Da die Schilddrüsenhormone auf beinahe jede Zelle im menschlichen Körper einen anregenden Einfluss haben, kann eine Schilddrüsenunterfunktion eine breite Palette an Beschwerden zur Folge haben. Die Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion wird mit Gespräch, körperlicher Untersuchung, Blutuntersuchungen, Ultraschall und/oder Gewebeuntersuchung gestellt. Die Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion hängt von ihrer Ursache ab. Die fehlenden Schilddrüsenhormone werden mit der Einnahme von Schilddrüsenhormonen in Tablettenform ersetzt.

Allgemeines

Bei der Schilddrüsenunterfunktion ist im Blut eine zu geringe Menge an Schilddrüsenhormonen vorhanden. Es wird auch von einem Schilddrüsenhormonmangel, einer Schilddrüsenhormonunterproduktion oder einer Hypothyreose gesprochen. Der Grund ist in der Regel eine verminderte Produktion von Schilddrüsenhormonen durch die Schilddrüse. In der erwachsenen Bevölkerung ist etwa eine von hundert Personen von einer Schilddrüsenunterfunktion betroffen. Bei Frauen, die zwischen 40 und 60 Jahren alt sind, wird sogar vermutet, dass jede fünfte Frau an einer Schilddrüsenunterfunktion leidet.

Die Schilddrüse

Abbildung: Schilddrüse von der Seite
Schilddrüse von der Seite, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Kehlkopf, Zungenbein, Luftröhre

Die Schilddrüse, auch Thyroidea oder Glandula thyroidea genannt, ist ein kleines, lebenswichtiges Organ unterhalb des Kehlkopfs. Von vorne umfasst sie halbkreisförmig die Luftröhre (siehe Abbildung). Unter der Haut des Halses kann sie getastet werden.

Die Schilddrüse produziert die Schilddrüsenhormone. Kontrolliert wird die Schilddrüse dabei durch die Hirnanhangsdrüse, welche wiederum durch ein bestimmtes Areal des Gehirns, den Hypothalamus, gesteuert wird. Durch diesen Regelkreis wird die Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut fein eingestellt. Zur Produktion der Schilddrüsenhormone braucht die Schilddrüse Jod aus der Nahrung.
Die Schilddrüsenhormone regen in fast allen Zellen im Körper den Stoffwechsel an. So nehmen sie Einfluss auf den Zucker-, Fett- und Eiweisshaushalt, den Wärmehaushalt und die Körpertemperatur, das Herz und den Kreislauf, die Gemütsverfassung und die Leistungsfähigkeit, den Magen und den Darm, die Muskeln und das Nervensystem. Beim Kind steuern die Schilddrüsenhormone zudem die Gehirn- und Nervenentwicklung sowie das Knochenwachstum.

Neben den Schilddrüsenhormonen produziert die Schilddrüse mit speziellen Zellen, den C-Zellen, das Calcitonin. Das Calcitonin ist ein Hormon, welches den Kalziumspiegel im Blut senkt. Der Gegenspieler des Calcitonins ist dabei das Parathormon, das den Kalziumspiegel im Blut erhöht. Das Parathormon ist ein Hormon, welches von den Nebenschilddrüsen hergestellt wird.

Ursachen

Verschiedene Erkrankungen können Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion sein.

Meist entsteht eine Schilddrüsenunterfunktion nach einer Operation der Schilddrüse oder einer Behandlung von fehlerhaftem Schilddrüsengewebe mit radioaktivem Jod, einer sogenannten Radiojodtherapie. Auch durch die zu hoch dosierte Einnahme von Medikamenten, sogenannten Thyreostatika, die gezielt die Schilddrüsenhormonproduktion in der Schilddrüse hemmen, kann ein Schilddrüsenhormonmangel ausgelöst werden. Daneben tritt eine Schilddrüsenunterfunktion häufig als Folge von Schilddrüsenentzündungen auf, die das Schilddrüsengewebe schädigen.

Ausserdem kann eine Schilddrüsenunterfunktion angeboren sein, wenn die Schilddrüse beim Kind gar nicht oder fehlerhaft ausgebildet ist. Seltener kann auch ein angeborener Fehler im Produktionsweg der Schilddrüsenhormone zu einem angeborenen Mangel an Schilddrüsenhormonen führen. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft an einem Jodmangel leidet, kann beim Kind nach der Geburt ebenfalls ein zumindest vorübergehender Schilddrüsenhormonmangel auftreten.

Wochen nach einer Geburt kann eine Frau ebenfalls an einer Schilddrüsenfunktionsstörung erkranken, einer Schilddrüsenüber- aber auch einer Schilddrüsenunterfunktion. Die Ursache ist nicht genau bekannt. Diese Form der Schilddrüsenunterfunktion wird oft verpasst, da die Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion nach der Geburt häufig auf die neuen Belastungen des Mutterdaseins geschoben werden.

Selten fällt der stimulierende Effekt des Gehirns und der Hirnanhangsdrüse auf die Schilddrüsenhormonproduktion in der Schilddrüse weg (siehe gelbe Textbox zur Schilddrüse). Die Schilddrüse produziert als Folge zu wenig Schilddrüsenhormone. Ebenso selten reagieren die Zellen des Körpers, auf die die Schilddrüsenhormone normalerweise einen stimulierenden und beschleunigenden Effekt haben, einfach nicht auf die Befehle der Schilddrüsenhormone. In diesem Fall hat es zwar sehr viele Schilddrüsenhormone im Blut, in den Zellen des Körpers kommt aber keine Botschaft dieser Hormone an. Der Betroffene leidet deshalb an den Beschwerden einer Schilddrüsenunterfunktion.

Myxödem-Koma

Die schwerste Form einer Schilddrüsenunterfunktion ist das Myxödem-Koma, auch hypothyreotes Koma genannt. Es entsteht bei Personen mit einer unbekannten und somit unbehandelten Schilddrüsenunterfunktion, die langer Kälteeinwirkung mit Auskühlung, Stressereignissen wie Operationen und Überanstrengung ausgesetzt sind. Der Betroffene leidet neben den Beschwerden der Schilddrüsenunterfunktion an Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma. Auch heute versterben ohne richtige und rechtzeitige Behandlung noch 20 bis 30% der an einem Myxödemkoma erkrankten Personen. Beim Auftreten eines Myxödemkomas muss deshalb unverzüglich mit der Behandlung im Spital begonnen werden, am besten auf einer Intensivstation.

Symptome

Unabhängig von der Ursache kann die Schilddrüsenunterfunktion beim Betroffenen zu einer breiten Palette an Beschwerden führen (siehe Abbildung 1), da die Schilddrüsenhormone in beinahe jeder Zelle des Körpers eine Stimulation und Beschleunigung des Kreislaufes bewirken.

Abbildung 1: Beschwerden bei einer Unterfunktion der Schilddrüse
Beschwerden bei einer Unterfunktion der Schilddrüse, Symptome bei einer Unterfunktion der Schilddrüse

Eine Schilddrüsenunterfunktion führt zu einem Herunterfahren der Körperfunktion. Der Grundumsatz des Körpers wird verringert, sodass die betroffene Person gegenüber Kälte überempfindlich wird und trotz normaler Aussentemperatur friert. Die Haut wird trocken und rau, das Haar glanzlos und struppig. Trotz vermindertem Appetit und Nahrungsaufnahme nimmt der Betroffene an Gewicht zu. Die Herzfrequenz verlangsamt sich. Die Nierenfunktion nimmt ab. Wassereinlagerungen ins Gewebe, insbesondere um die Augen, lassen den Körper aufgedunsen wirken. Vor allem bei älteren Betroffenen kann es aufgrund der verminderten Schilddrüsenhormone im Blut zu einer Erkrankung der Herzkranzgefässe mit verminderter Leistungsfähigkeit und Atemnot bis zum Herzversagen kommen. Die Fett- und Cholesterinwerte im Blut können ansteigen. Blutarmut, Verstopfung, Schwerhörigkeit, Muskelkrämpfe, Müdigkeit mit vermehrtem Schlafbedürfnis, Gedächtnisminderung, Unbeteiligtsein oder Depression werden beschrieben. Ein neu aufgetretenes, bösartiges Verhalten des Betroffenen gegenüber seinen Mitmenschen kann auffallen. Ebenso können ein vermindertes sexuelles Verlangen oder eine verminderte Potenz Zeichen einer verminderten Schilddrüsenproduktion sein. Bei Frauen sind Blutungsstörungen, Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft möglich.

Vor allem ältere Menschen haben bei einer Schilddrüsenunterfunktion nur sehr wenige Beschwerden wie vermehrte Müdigkeit oder einen verminderten Antrieb. Es ist dann nicht einfach zu erkennen, dass diese Beschwerden von einer Fehlfunktion der Schilddrüse herrühren. In diesen Fällen muss der Arzt an die Schilddrüse denken und die Funktion der Schilddrüse überprüfen, damit die Diagnose nicht verpasst wird.

Tritt eine Schilddrüsenunterfunktion während einer Schwangerschaft auf, kann das Kind nach der Geburt an einem sogenannten Kretinismus leiden. Ein Kretinismus zeichnet sich durch Missbildungen des Skeletts mit Minderwuchs, durch Schwerhörigkeit mit Sprachstörungen bis zur Taubstummheit und durch geistige Unterentwicklung aus, da die Schilddrüsenhormone für die Entwicklung des Nervensystems und der Knochen wichtig sind. Das Kind kann geistig und körperlich schwer behindert sein. In der Schweiz treten kaum noch schwere Formen des Kretinismus auf, da das Speisesalz mit Jod angereichert wird und so der tägliche Jodbedarf des Körpers auch in der Schwangerschaft eigentlich gedeckt werden kann.

Diagnose

Bei anhaltenden Beschwerden im Sinne einer Schilddrüsenunterfunktion, die sich der Betroffene nicht zum Beispiel Schlafentzug erklärt werden können, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Abbildung 2: Abtasten der Schilddrüse
Abtasten der Schilddrüse, Diagnose Schilddrüsenunterfunktion

Der Arzt wird in einem kurzen Gespräch nach Beschwerden, Veränderungen und Medikamenten fragen, die auf eine Schilddrüsenunterfunktion hinweisen könnten. Anschliessend wird der Arzt die betroffene Person von Kopf bis Fuss untersuchen. Zur Untersuchung der Schilddrüse wird er sich hinter die sitzende Person stellen und die Schilddrüse von hinten mit beiden Händen am Hals abtasten (siehe Abbildung 2). Beim Abtasten kann der Arzt einen ersten Eindruck davon erhalten, ob die Schilddrüse vergrössert ist. Der Arzt wird den Betroffenen dann noch zum Schlucken auffordern. So kann er feststellen, ob die Schilddrüse mit ihrer Umgebung verwachsen ist. Solche Verwachsungen gibt es vor allem bei bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse.

Eine Blutentnahme mit Messung der Schilddrüsenhormone zeigt eine verminderte Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut. Mit einem Ultraschallgerät kann die genaue Grösse der Schilddrüse gemessen und ihre Gewebestruktur beurteilt werden (siehe Abbildung 3). Im Ultraschall kann die Gewebestruktur bei einer Schilddrüsenunterfunktion je nach Ursache verändert sein.

Abbildung 3: Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse
Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse, Diagnose Schilddrüsenunterfunktion

Bei der Schilddrüsenunterfunktion können in der Schilddrüse Knoten vorhanden sein. Teilweise kann der Arzt aufgrund der Angaben des Betroffenen, der körperlichen Untersuchung und der Ultraschalluntersuchung nicht sicher sein, ob es sich dabei nicht um eine bösartige Gewebeveränderung, das heisst um Schilddrüsenkrebs, handeln könnte. In diesem Fall sollte eine Gewebeuntersuchung des Knotens durchgeführt werden, eine sogenannte Feinnadelpunktion. Bei der Gewebeuntersuchung wird vom Arzt oder Spezialisten mit einer feinen Nadel durch die Haut direkt in den Knoten gestochen und Gewebe entnommen. Mit einem Ultraschallgerät wird währenddessen sichergestellt, dass die Nadel am richtigen Ort liegt. Das Gewebe wird danach durch den Spezialisten unter dem Mikroskop weiter untersucht.

Therapie

Die Behandlung eines Schilddrüsenhormonmangels besteht in der Einnahme von Schilddrüsenhormonen in Tablettenform. Die notwendige Menge ist bei jedem Menschen anders. Deshalb sollte mit einer geringen Dosis begonnen werden, um nicht eine Schilddrüsenüberfunktion zu erzeugen. Nach vier bis sechs Wochen wird eine Kontrolluntersuchung beim Arzt mit Messung der Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut und Anpassung der Schilddrüsenhormondosierung durchgeführt. Die Kontrollen sollten in etwa sechswöchentlichem Abstand weitergeführt werden, bis der Patient gut eingestellt ist, dann ein bis zweimal jährlich.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit wird teilweise die Einnahme von Jodtabletten empfohlen, da eine ausreichende Jodzufuhr wichtig für die Produktion der Schilddrüsenhormone und damit der Entwicklung des Nervensystems und der Knochen des Kindes ist.

Wenn eine Frau schwanger wird, die wegen einer Schilddrüsenunterfunktion mit Schilddrüsenhormonen behandelt wird, sollten in vier- bis sechs-wöchentlichen Abständen die Schilddrüsenhormonwerte im Blut kontrolliert und bei Bedarf die Schilddrüsenhormondosierung angepasst werden. Zur Kontrolle bei diesen Frauen empfiehlt es sich, einen Spezialisten hinzuzuziehen.

Entsteht in der Schwangerschaft eine Schilddrüsenunterfunktion, wird ebenfalls die Einnahme von Schilddrüsenhormonen in Tablettenform empfohlen. Auch hier sollte ein Spezialist hinzugezogen werden.

Je nachdem, was die Ursache der Schilddrüsenunterfunktion ist, sind zusätzliche Behandlungen möglich und nötig. Diese Behandlungen werden in den entsprechenden Texten zur Schilddrüse besprochen.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin, Dr. Julia Feucht, Ärtzin
Editor/in:Dr. med. Doris de Marco Stalder, Endokrinologie-Diabetologie FMH
Keywords:Schilddrüsenunterfunktion, Hypothyreose, Schilddrüsenhormonmangel, Schilddrüsenhormonunterproduktion, Myxödemkoma, Myxödem-Koma, hypothyreotes Koma, Schilddrüse, Schilddrüsenhormon, Thyreostatika, Radiojodtherapie, Schilddrüsenentzündungen, Jod, Hashimotothyreoiditis, Hashimoto-Thyreoiditis, Thyreoiditis, Thyroiditis, Hashimotothyroiditis, Hashimoto-Thyroiditis, Schilddrüsenhormonsubstitution, Schilddrüsenhormonersatz, subklinische Hypothyreose, subklinische Schilddrüsenunterfunktion, Kretinismus
ICD-10:E02, E03
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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