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Wachstumshormonmangel

Synonyme: GH-Mangel, Growth Hormon-Mangel, STH-Mangel, Stomatotropin-Mangel, hypothalamischer Kleinwuchs, hypophysärer Kleinwuchs, proportionierter Kleinwuchs

Zusammenfassung

Bei einem Wachstumshormonmangel hat es im Blut zu wenig Wachstumshormon oder das Wachstumshormon wirkt nicht. Verschiedene Ursachen können für einen Wachstumshormonmangel verantwortlich sein. In der Regel führt ein Wachstumshormonmangel vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu Beschwerden wie Kleinwuchs, nur selten bei Erwachsenen. Die Diagnose eines Wachstumshormonmangels wird mit Gespräch, körperlicher Untersuchung, einer Bestimmung des Knochenalters, der Anfertigung einer Wachstumskurve, Blutuntersuchungen, Stimulationstests, einer Magnetresonanztomographie MRI und/oder einer Computertomographie CT gestellt. Die Behandlung des Wachstumshormonmangels hängt von dessen Ursache ab. Das fehlende Wachstumshormon wird mit der Einnahme von Wachstumshormon in Form von Spritzen ersetzt.

Allgemeines

Beim Wachstumshormonmangel hat es im Blut eine zu geringe Menge an Wachstumshormon oder das Wachstumshormon wirkt nicht, was sich bei Betroffenen, die in der Regel Kinder und Jugendliche sind, vor allem in Form von Kleinwuchs zeigt. Der Wachstumshormonmangel ist aber nicht für jeden Kleinwuchs verantwortlich. Denn es gibt noch andere Ursachen für Kleinwuchs, die hier aber nicht besprochen werden. Das Wachstumshormon, das in der Fachsprache auch Somatotropin, somatotropes Hormon oder Growth Hormon (GH) genannt wird, ist ein lebenswichtiges Hormon, das im Hypophysenvorderlappen, dem Vorderlappen der Hirnanhangsdrüse, gebildet wird und dessen Produktionsmenge durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, geregelt wird. Hormone sind Botenstoffe, die die Anweisungen des Körpers seinen einzelnen Organen mitteilen und Meldungen von den Organen an den Körper zurückgeben. Das Wachstumshormon beeinflusst im Körper eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an.

Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)

Abbildung: Hirnanhangsdrüse
Hirnanhangdrüse, Hypophyse, Grosshirn, Kleinhirn, Sella turcica, Schädelknochen

Die Hirnanhangsdrüse ist ein kleines lebenswichtiges Organ, das im sogenannten Türkensattel etwa im Zentrum des Schädels unterhalb des Gehirns und damit etwa auf Höhe der Nasenwurzel sitzt (siehe Abbildung). Die Hirnanhangsdrüse besteht aus dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenvorderlappen und der Hypophysenhinterlappen sind in ihrer Funktion voneinander unabhängig.

Der Hypophysenvorderlappen stellt sechs verschiedene Hormone her, mit denen er auf verschiedene Vorgänge im Körper einwirkt. Mit dem Wachstumshormon (GH) beeinflusst der Hypophysenvorderlappen eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an. Mit den zwei unterschiedlichen Gonadotropinen (LH und FSH) nimmt der Hypophysenvorderlappen Einfluss auf das Wachstum und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Mit dem adrenocorticotropen Hormon (ACTH) reguliert der Hypophysenvorderlappen die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde und ermöglicht es dadurch dem Körper, optimal auf Stresssituationen zu reagieren. Mit dem thyreoideastimulierenden Hormon (TSH) regt der Hypophysenvorderlappen in der Schilddrüse das Wachstum, die Jodaufnahme und die Schilddrüsenhormonproduktion an. Und mit dem Prolaktin ermöglicht der Hypophysenvorderlappen in der Brust die Produktion von Muttermilch.

Der Hypophysenhinterlappen selbst kann keine Hormone herstellen. Es speichert die vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, gebildeten Hormone Vasopressin und Oxytozin und schüttet sie bei Bedarf ins Blut aus. Vasopressin (ADH) reguliert den Wasserhaushalt im Körper und befiehlt dabei den Nieren, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Oxytozin erlaubt es der Brust, die gebildete Muttermilch nach aussen abzugeben.

Die Produktion und die Ausschüttung von Wachstumshormon, Gonadotropinen, adrenocorticotropem Hormon, thyreoideastimulierendem Hormon und Prolaktin im Hypophysenvorderlappen werden hauptsächlich durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, gesteuert. Dazu stellt der Hypothalamus gewisse Substanzen her. Ebenso werden die Speicherung und die Ausschüttung von Vasopressin und Oxytozin im Hypophysenhinterlappen durch den Hypothalamus geregelt.

Ursachen

Ein Wachstumshormonmangel mit Kleinwuchs kann aufgrund verschiedenster Störungen im Körper entstehen. Diese Störungen können im Hypothalamus, im Hypophysenstiel, im Hypophysenvorderlappen oder in denjenigen Organen auftreten, auf die das Wachstumshormon als Botenstoff wirkt. Es kann aber auch das Wachstumshormon selbst im Aufbau gestört sein und dadurch nicht mehr wirken.

Eine Störung im Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, führt dazu, dass der Hypothalamus dem Hypophysenvorderlappen nicht mehr mitteilen kann, dass er Wachstumshormon produzieren soll. Deshalb beendet der Hypophysenvorderlappen die Produktion von Wachstumshormon und ein Wachstumshormonmangel ist die Folge. In der Fachsprache wird bei dieser Form des Wachstumshormonmangels auch von einem hypothalamischen Kleinwuchs gesprochen, da die Ursache für diesen Kleinwuchs im Hypothalamus liegt. Derartige Störungen im Hypothalamus können angeboren oder erworben sein. Mögliche angeborene Störungen des Hypothalamus mit einem Wachstumshormonmangel in der Folge sind schwere Fehlbildungen des Nervensystems während der Entwicklung in der Schwangerschaft oder ein Mangel der Substanz, mit der der Hypothalamus den Hypophysenvorderlappen zu einer vermehrten Produktion von Wachstumshormon antreibt.

Allerdings ist bisher nicht bekannt, warum es zu einem Mangel dieser Substanz kommt. Mögliche erworbene Störungen des Hypothalamus sind Tumoren, Verletzungen, Infarkte, Infektionen, Operationen oder Bestrahlungen im Bereich des Hypothalamus. Bei einem Tumor ist in einzelnen Zellen ein Fehler aufgetreten. Durch diesen Fehler hören diese Zellen nicht mehr auf die Anweisungen des Körpers und teilen sich sooft sie wollen. Dadurch werden Tumoren immer grösser und zerdrücken das umliegende Gewebe, sodass dieses seine Aufgaben nicht mehr erledigen kann. Bei einem Infarkt, einem sogenannten Schlaganfall, im Bereich des Hypothalamus wird das Gewebe des Hypothalamus dadurch geschädigt, dass es keine Nährstoffe und keinen Sauerstoff mehr erhält, weil die Blutgefässe verschlossen sind, die den Hypothalamus mit Blut und den darin enthaltenen Nährstoffen und Sauerstoff versorgen.

Aber auch ein sogenannter Wasserkopf kann zu einer Störung des Hypothalamus mit einem Wachstumshormonmangel führen, da bei einem Wasserkopf die Hirnflüssigkeit so stark vermehrt ist, dass sie auf das Gewebe des Hypothalamus drückt und dieses durch den Druck schädigt.

Auf ähnliche Art und Weise wie bei der Veränderung des Hypothalamus entsteht ein Wachstumshormonmangel, wenn der Hypothalamus selbst intakt ist, der Hypophysenstiel aber beispielsweise durch einen Unfall durchtrennt wurde. Der Hypophysenstiel stellt die Verbindung zwischen dem Hypothalamus und der Hirnanhangsdrüse dar. Ist der Hypophysenstiel unterbrochen, kann der Hypothalamus dem Hypophysenvorderlappen deshalb nicht mehr mitteilen, dass er Wachstumshormon produzieren soll. Die Hirnanhangsdrüse stellt deshalb, wie oben beschrieben, die Produktion von Wachstumshormon ein, was einen Wachstumshormonmangel zur Folge hat.

Bei einer Störung im Hypophysenvorderlappen kann im Hypophysenvorderlappen kein Wachstumshormon mehr hergestellt werden. In der Fachsprache wird bei dieser Form des Wachstumshormonmangels auch von einem hypophysären Kleinwuchs gesprochen, da die Ursache für diesen Kleinwuchs im Hypophysenvorderlappen liegt. Derartige Störungen im Hypophysenvorderlappen können angeboren oder erworben sein. Mögliche angeborene Störungen des Hypophysenvorderlappens mit einem Wachstumshormonmangel in der Folge sind Störungen der Erbinformation des Wachstumshormons, sodass das Wachstumshormon gar nicht oder nur fehlerhaft, in einem nicht funktionierenden Zustand vom Hypophysenvorderlappen gebildet wird. Wurde der Hypophysenvorderlappen beim Kind während seiner Entwicklung im Mutterleib gar nicht oder nur fehlerhaft gebildet, ist der Hypophysenvorderlappen ebenfalls nicht in der Lage ausreichend Wachstumshormon herzustellen, um den Bedarf des Körpers zu decken, sodass ebenfalls ein angeborener hypophysärer Kleinwuchs auftritt.

Mögliche erworbene Störungen des Hypophysenvorderlappens mit einem Wachstumshormonmangel sind Tumoren, Verletzungen, Operationen oder Infarkte im Bereich des Hypophysenvorderlappens, Bestrahlungen oder Infektionen des Gehirns. Bei einem Infarkt handelt es sich um eine mangelnde Blutversogung der Zellen des Hypophysenvorderlappens, sodass die Zellen zu wenig Blut und dadurch zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe erhalten und deshalb absterben. Zudem kann eine Schilddrüsenunterfunktion über einen komplizierten Mechanismus zu einer verminderten Produktion von Wachstumshormon im Hypophysenvorderlappen führen.

Auch bei einer Störung in der Leber kann ein Wachstumshormonmangel auftreten. Denn eine der Aufgaben des Wachstumshormons ist das Wachstum und die Stabilität des Knochens und des Knorpels. Der Knochen und der Knorpel verstehen die Anordnungen des Wachstumshormons aber nicht direkt. Deshalb muss das Wachstumshormon zuerst in eine Sprache übersetzt werden, die Knochen und Knorpel verstehen. Diese Übersetzung des Wachstumshormons wird in der Leber durchgeführt. Das Wachstumshormon wird dazu mit dem Blut aus dem Hypophysenvorderlappen in die Leber transportiert. Die Leber versteht die Botschaften des Wachstumshormons an Knochen und Knorpel. Die Leber bildet zur Übersetzung der Botschaften des Wachstumshormons für Knochen und Knorpel eine Substanz, die die Botschaften des Wachstumshormons enthält und die der Knochen und der Knorpel verstehen. Diese Substanz wird dann mit dem Blut von der Leber zu Knochen und Knorpel transportiert.

Eine Störung dieser Übersetzung in der Leber führt also ebenfalls zu einem Wachstumshormonmangel mit Kleinwuchs. Im Blut hat es dabei zwar eine ausreichende Menge an Wachstumshormon, aber es besteht ein Mangel an der Übersetzung des Wachstumshormons. Ohne Übersetzung des Wachstumshormons in der Leber verstehen der Knochen und der Knorpel die Befehle des Wachstumshormons nicht und können die Befehle des Wachstumshormons deshalb nicht befolgen. Ursachen für eine solche Art des Wachstumshormonmangels können angeboren oder erworben sein. Mögliche angeborene Ursachen sind Fehler in der Erbinformation, die dazu führen, dass der Übersetzungsvorgang des Wachstumshormons in der Leber nicht mehr funktioniert oder dass die Leber das Wachstumshormon nicht versteht und deshalb das Wachstumshormon nicht für Knochen und Knorpel übersetzen kann.

Mögliche erworbene Ursachen eines derartigen Wachstumshormonmangels sind Veränderungen im Körper, die dazu führen, dass die Leber das Wachstumshormon nicht mehr versteht und deshalb die Botschaften des Wachstumshormons nicht für Knochen und Knorpel übersetzen kann. Eine solche Veränderung im Körper kann durch verschiedene Krankheiten der Leber und durch Unterernährung zustande kommen. Zudem kann die Übersetzung des Wachstumshormons über einen komplizierten Mechanismus bei der Schilddrüsenunterfunktion gestört werden.

Durch eine Störung in den Organen, auf die das Wachstumshormon wirken soll, kommt es ebenfalls zu einer Art Wachstumshormonmangel mit Kleinwuchs. Auch diese Störungen können angeboren oder erworben sein. Mögliche angeborene Störungen sind Veränderungen der Erbinformation, sodass Knochen und Knorpel die Anordnungen des Wachstumshormons nicht mehr umsetzen können oder Knochen und Knorpel die Übersetzung des Wachstumshormons gar nicht erkennen und deshalb auch nicht umsetzen. Mögliche erworbene Störungen kommen durch eine Autoimmunerkrankung zustande. Bei einer Autoimmunerkrankung begeht das Abwehrsystem des Körpers, das sogenannte Immunsystem, aus einem bisher nicht bekannten Grund einen Fehler. Es erkennt die Substanzen und das Gewebe des eigenen Körpers als Eindringling, der dem Körper schaden möchte. In diesem Fall sieht das Abwehrsystem im Wachstumshormon oder im Gewebe der Körpers, mit dem das Wachstumshormon erkannt wird, einen Feind.

Zur Verteidigung produziert das Abwehrsystem Abwehrstoffe, sogenannte Antikörper, gegen das Wachstumshormon oder das Gewebe des Körpers, mit dem das Wachstumshormon erkannt wird. Diese Antikörper werden auch Autoantikörper genannt, da sie fälschlicherweise gegen Gewebe des eigenen Körpers gerichtet sind. Die Abwehrstoffe zerstören das Wachstumshormon oder das Gewebe des Körpers, mit dem das Wachstumshormon erkannt wird. In der Folge verliert das Wachstumshormon, das als Botenstoff Befehle vom Körper an seine Organe weiterleiten soll, seine Wirkung. Ein Wachstumshormonmangel ist die Folge. Werden Abwehrstoffe gegen das Wachstumshormon gebildet, ist die Menge an intaktem Wachstumshormon im Blut zu klein, da das Wachstumshormon durch die Abwehrstoffe vernichtet wird. Werden Abwehrstoffe gegen das Gewebe des Körpers gebildet, mit dem das Wachstumshormon erkannt wird, hat es im Blut eine ausreichende Menge an Wachstumshormon, aber die Gewebe erkennen das Wachstumshormon nicht mehr und befolgen daher auch die Anordnungen des Wachstumshormons nicht.

Durch eine körperliche und/oder psychische Belastung wie Vernachlässigung oder Misshandlung kann es bei Kindern oder Jugendlichen aus bisher unbekanntem Grund ebenfalls zu einem vorübergehenden Wachstumshormonmangel kommen, sodass die betroffenen Kinder und Jugendlichen plötzlich nicht mehr wachsen. Sobald diese belastenden Einflüsse wegfallen, holen die Kinder und Jugendlichen den Wachstumsschub in kurzer Zeit nach.

Symptome

Bei einem Wachstumshormonmangel hat es im Blut zu wenig Wachstumshormon oder das Wachstumshormon wirkt nicht. Das Wachstumshormon hat verschiedene Aufgaben im menschlichen Körper. Im Kindes- und Jugendalter spielt das Wachstumshormon eine wichtige Rolle für das Längenwachstum. Es fördert zudem das Wachstum der inneren Organe und ist beteiligt an der Verknöcherung des Skeletts. Damit diese Wachstumsprozesse möglich sind, hat das Wachstumshormon Einfluss auf den Stoffwechsel und stellt die zum Wachsen notwendige Energie in Form von Zucker im Blut zur Verfügung. Im Erwachsenenalter beeinflusst das Wachstumshormon die körperliche Leistungsfähigkeit und den Zuckerstoffwechsel, den Fettabbau und den Muskelaufbau, die Knochenfestigkeit und den Knorpelhaushalt, die Wundheilung und die Erneuerung von Gewebe, die Gehirnfunktion und das seelische Wohlbefinden.

In der Regel führt ein Wachstumshormonmangel vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu Beschwerden, nur selten bei Erwachsenen. Erstes Zeichen eines Wachstumshormonmangels bei Kindern oder Jugendlichen ist meist ein vermindertes Längenwachstum mit Kleinwuchs im Vergleich zu Gleichaltrigen. Besteht der Wachstumshormonmangel bereits bei der Geburt, sind die Kinder bei der Geburt normal gross und entwickeln sich auch in den ersten zwei Lebenjahren genau gleich wie gleichaltrige Kinder. Nach dem zweiten Lebensjahr wird das Grössenwachstum dieser Kinder aber immer langsamer und weicht deshalb immer mehr von dem Gleichaltriger ab. Zudem können bei betroffenen Kindern und Jugendlichen häufige Unterzuckerungen und vermehrte Fettpolster am Bauch auftreten, da das Wachstumshormon nicht mehr Energie in Form von Zucker im Blut zur Verfügung stellt und das Fettgewebe nicht mehr abbaut. Der Zeitpunkt, an dem die Zähne durchbrechen, kann sich verzögern. Die geistige Entwicklung und die Intelligenz werden bei Kindern und Jugendlichen durch den Wachstumshormonmangel selbst nicht beeinflusst und sind normal.
Tritt ein Wachstumshormonmangel bei Erwachsenen auf, zeigt sich dieser vor allem dadurch, dass die Betroffenen leichter unterzuckert sind, die Menge an Fetten im Blut zunimmt, die Fettmasse am Bauch sich vermehrt und die Muskelmasse abnimmt, sodass Erwachsene an einer zunehmenden Schwäche leiden.

Zudem geben Betroffene einen Antriebsverlust bis zur Depression an. Insgesamt haben Erwachsene mit einem Wachstumshormonmangel ein deutlich höheres Risiko an einer Arterienverkalkung mit Herzinfarkten oder Schlaganfällen, einer sogenannten Arteriosklerose, oder an einem Verlust der Knochenstabilität mit Knochenbrüchen, einer sogenannten Osteoporose, mit ihren Folgen zu erkranken.

Je nach Ursache des Wachstumshormonmangels sind weitere Beschwerden möglich. Tumoren im Bereich des Hypophysenvorderlappens können beispielsweise auf Strukturen in ihrer Umgebung, wie die Sehnerven, drücken und so zu einer Einschränkung des Sehens führen. Kopfschmerzen sind ebenfalls möglich bei Tumoren im Schädel. Zudem kann durch die Veränderung im Hypothalamus oder im Hypophysenvorderlappen nicht nur die Menge an Wachstumshormon im Körper beeinflusst werden, sondern auch die Menge an anderen Hormonen, die im Hypothalamus oder im Hypophysenvorderlappen hergestellt werden. Betroffene leiden dann an zusätzlichen Beschwerden durch die vermehrte oder verminderte Produktion dieser Hormone. Diese Beschwerden durch die Über- oder Unterproduktion anderer Hormone der Hirnanhangsdrüse und des Hypothalamus werden in den entsprechenden Kapiteln der Hirnanhangsdrüse und des Hypothalamus besprochen.

Diagnose

Fällt bei Kindern oder Jugendlichen auf, dass sie im Wachstum im Vergleich zu Gleichaltrigen hinterherhinken und sehr klein sind, kann ein Arzt zur weiteren Abklärung und bei Bedarf Behandlung aufgesucht werden. Ebenfalls sollten Erwachsene einen Arzt aufsuchen, wenn bei ihnen Beschwerden im Sinne eines Wachstumshormonmangels auftreten. Der Arzt wird in einem ausführlichen Gespräch nach Beschwerden, Veränderungen und Auffälligkeiten, aber auch nach dem Essverhalten fragen, die ihm einen Hinweis auf einen Wachstumshormonmangel und dessen Ursachen geben. Weiter wird er sich nach durchgemachten oder noch anhaltenden Erkrankungen und Therapien erkundigen, die einen Wachstumshormonmangel zur Folge haben können. Anschliessend wird der Arzt den Betroffenen von Kopf bis Fuss untersuchen.

Bei Kindern und Jugendlichen kann der Arzt anhand der Grösse und der Entwicklung beider Elternteile abschätzen, wie gross das Kind etwa werden wird und in welchem Zeitrahmen es sich etwa entwickeln sollte. Dies sind aber lediglich Schätzungen. Durch die Bestimmung der Wachstumsgeschwindigkeit und des Knochenalters des Kindes kann der Arzt genauer berechnen, wo das Kind in seiner Entwicklung und damit auch im Längenwachstum steht und wie gross das Kind einmal werden wird. Das Knochenalter gibt Auskunft über die Entwicklung und das Längenwachstum von Kindern und Jugendlichen.

Zur Bestimmung des Knochenalters wird ein Röntgenbild der Hand des Kindes oder des Jugendlichen angefertigt. Anhand des Röntgenbildes kann der Arzt dann auswerten, wie weit das Kind aufgrund seiner Entwicklung ist und welches Längenwachstum noch zu erwarten ist. Die Wachstumsgeschwindigkeit kann bei einem Kind bestimmt werden, wenn bei den Routineuntersuchungen, die bei jedem Kind durchgeführt werden sollten, immer die Grösse und das Gewicht des Kindes gemessen und in eine Kurve eingezeichnet wurden. Aus dieser sogenannten Wachstumskurve kann nicht nur herausgelesen werden, wie schnell Kinder und Jugendliche wachsen, sondern auch ob ihr Längenwachstum regelmässig ist oder ob das Längenwachstum sich verlangsamt hat oder sogar plötzlich aufgehört hat.

Mit der Wachstumsgeschwindigkeit und dem Knochenalter kann der Arzt dann entscheiden, ob die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen normal ist oder ob die Entwicklung beispielsweise durch einen Wachstumshormonmangel gestört ist. So sind bei einem Wachstumshormonmangel die Knochen weniger entwickelt, als es dem Lebensalter des Kindes entsprechen würde, und die Wachstumskurve zeigt ab einem gewissen Zeitpunkt eine Abnahme der Wachstumsgeschwindigkeit.

Besteht der Verdacht auf einen Wachstumshormonmangel, muss die Menge an Wachstumshormon im Blut gemessen werden. Da die Menge an Wachstumshormon im Blut aber sehr schwankt, reicht die Messung des Wachstumshormons im Blut allein für die Bestimmung eines Wachstumshormonmangels nicht aus. Um die Diagnose eines Wachstumshormonmangels stellen zu können, muss die Menge derjenigen Substanz im Blut gemessen werden, in die die Leber die Botschaften des Wachstumshormons für Knochen und Knorpel übersetzt. Diese Substanz ist bei einem Wachstumshormonmangel im Blut meist verringert. Es sollte zudem die Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut bestimmt werden, da ein Mangel an Schilddrüsenhormonen zu einem Wachstumshormonmangel mit Kleinwuchs führen kann. Im Blut kann auch noch die Menge der anderen Hormone, die von der Hirnanhangsdrüse und dem Hypothalamus hergestellt werde, kontrolliert werden. Auf diese Weise zeigt sich, ob der Betroffene nur an einem Wachstumshormonmangel leidet oder ob der Wachstumshormonmangel noch von einem Mangel oder einem Überschuss anderer Hormone begleitet wird.

Verschiedene Stimulationstests können den Verdacht auf einen Wachstumshormonmangel erhärten. Bei einem Stimulationstest werden dem Betroffenen Substanzen verabreicht, die in bestimmten Organen die Produktion anregen sollen. Beim Wachstumshormonmangel können den Betroffenen unterschiedliche Substanzen gegeben werden, die alle zu einer Zunahme der Produktion von Wachstumshormon im Hypophysenvorderlappen führen sollen. Ein wichtiges Beispiel für einen solchen Stimulationstest ist der GHRH-Stimulationstest, der auch GRF-Stimulationstest genannt wird. Beim GHRH-Stimulationstest wird einer Person GHRH gegeben. GHRH, das auch GRF genannt wird, ist diejenige Substanz, mit der der Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, dem Hypophysenvorderlappen befiehlt, Wachstumshormon zu produzieren. Beim GHRH-Stimulationstest wird bei Betroffenen die Menge an Wachstumshormon im Blut gemessen.

Anschliessend wird den Betroffenen die Substanz GHRH in eine Vene verabreicht und danach erneut die Menge an Wachstumshormon im Blut gemessen. Normalerweise nimmt die Menge an Wachstumshormon im Blut nach Gabe von GHRH zu. Liegt aber ein Wachstumshormonmangel mit einer Störung des Hypothalamus vor, kann der Hypothalamus selbst kein GHRH mehr herstellen und dadurch dem Hypophysenvorderlappen nicht mehr sagen kann, dass er Wachstumshormon herstellen soll. Wird dann im Rahmen des GHRH-Stimulationstest dem Betroffenen GHRH gegeben, befiehlt dieses GHRH dem Hypophysenvorderlappen wieder Wachstumshormone herzustellen, sodass durch die Gabe von GHRH beim GHRH-Stimulationstest in einer zweiten Blutentnahme die Menge an Wachstumshormon im Blut deutlich grösser ist als normalerweise.

Liegt ein Wachstumshormonmangel mit einer Störung an einem anderen Ort im Körper vor, nimmt die Menge an Wachstumshormon nach Gabe von GHRH gar nicht oder weniger als normalerweise zu, da der Hypothalamus selbst den Mangel an Wachstumshormon wahrnimmt und bereits mehr GHRH produziert, um dadurch eine vermehrte Produktion von Wachstumshormon im Körper zu bewirken. Durch die Störung im Körper ist diese Produktion von Wachstumshormon aber entweder nicht möglich oder das produzierte Wachstumshormon wirkt nicht. Der Hypothalamus erkennt dieses Problem aber nicht und produziert noch mehr GHRH. Deshalb verändert die Gabe von GHRH im Rahmen eines GHRH-Stimulationstests die bereits vorhandene Menge an GHRH im Körper nicht wirklich und die Menge an Wachstumshormon im Blut verändert sich bei einer zweiten Blutentnahme kaum.

Ein zweites wichtiges Beispiel für einen Stimulationstest ist der Insulin-Hypoglykämietest. Das Insulin bewirkt im Körper, dass der Zucker aus dem Blut in gewisse Gewebe des Körpers eingebaut wird und dadurch die Menge an Zucker im Blut abnimmt. Beim Insulin-Hypoglykämietest wird bei Betroffenen die Menge an Wachstumshormon im Blut gemessen. Anschliessend wird den Betroffenen mit einer Spritze Insulin gegeben und danach erneut die Menge an Wachstumshormon im Blut gemessen. Normalerweise nimmt nach der Gabe von Insulin die Menge an Wachstumshormon im Blut zu, da der Hypothalamus die Abnahme der Blutzuckermenge als Folge der Insulingabe wahrnimmt und dem Hypophysenvorderlappen befiehlt, mehr Wachstumshormon herzustellen, um der Unterzuckerung, der sogenannten Hypoglykämie, entgegenzuwirken. Liegt bei einer Person aber ein Wachstumshormonmangel vor, nimmt die Menge an Wachstumshormon nach Gabe von Insulin nicht zu. Denn durch die Störung im Körper kann der Hypothalamus entweder die Unterzuckerung nicht wahrnehmen, der Hypothalamus kann nicht auf die Unterzuckerung reagieren, der Hypophysenvorderlappen kann kein Wachstumshormon produzieren oder aber das produzierte Wachstumshormon wirkt im Körper nicht.

Da unterschiedliche Personen unterschiedlich reagieren, sollte ein Arzt zwei verschiedene Stimulationstests mit zwei verschiedenen Substanzen durchführen, um die Diagnose eines Wachstumshormonmangels stellen zu können.

Weitere Untersuchungen wie eine Computertomographie CT oder eine Magnetresonanztomographie MRI können bei der Suche nach der Ursache des Wachstumshormonmangels weiterhelfen. Vor allem ein Hirntumor muss bei jedem Betroffenen eines Wachstumshormonmangels ausgeschlossen werden.

Therapie

Die Behandlung eines Wachstumshormonmangels hängt von dessen Ursache ab. Es sollte immer versucht werden die Ursache der Erkrankung zu behandeln. So sollten Tumoren der Hirnanhangsdrüse mit einer Operation entfernt oder bestrahlt, Entzündungen im Gehirn oder Schilddrüsenunterfunktionen mit Medikamenten behandelt werden. Aber auch wenn die Ursache des Wachstumshormonmangels erfolgreich bekämpft wird, kann der Schaden im Körper der Betroffenen meist nicht rückgängig gemacht werden, sodass der Wachstumshormonmangel mit seinen Beschwerden bestehen bleibt.

Die Beschwerden des Wachstumshormonmangels können aber durch den Ersatz der ausfallenden Hormone bekämpft werden. Betroffene eines Wachstumshormonmangels durch eine Störung im Bereich des Hypothalamus oder des Hypophysenvorderlappens müssen täglich künstlich hergestelltes Wachstumshormon unter die Haut spritzen. Da der Bedarf an Wachstumshormon bei jedem Menschen aber anders ist, müssen Betroffene regelmässig kontrolliert und die zu spritzende Menge an Wachstumshormon angepasst werden. Liegt die Ursache eines Wachstumshormonmangels darin, dass das Wachstumshormon in der Leber nicht übersetzt wird und deshalb nicht in Knochen und Knorpel wirken kann, müssen Betroffene die Substanz einnehmen, in die die Botschaften des Wachstumshormons von der Leber für Knochen und Knorpel übersetzt wird. Auch hier gilt, dass der Bedarf an dieser Substanz nicht bei jedem Menschen gleich ist und Betroffene deshalb regelmässig kontrolliert werden müssen.

Ein derartiger Ersatz des Wachstumshormons oder der Substanz, in die das Wachstumshormon von der Leber für Knochen und Knorpel übersetzt wird, sollte zumindest bei Kindern und Jugendlichen bis zum Wachstumsabschluss fortgesetzt werden. Ob und wie eine Behandlung mit diesen Substanzen auch nach dem Wachstumsabschluss oder bei Erwachsenen mit Beschwerden durch einen Wachstumshormonmangel durchgeführt werden soll, muss in jedem einzelnen Fall genau mit einem Spezialisten besprochen werden.

Wird der Wachstumshormonmangel von einem Mangel oder einem Überschuss eines anderen Hormons begleitet, das im Hypothalamus oder in der Hirnanhangsdrüse hergestellt wird, müssen Betroffene diese Hormone lebenslang einnehmen.

Prognose

Die Prognose eines Wachstumshormonmangels hängt von dessen Ursache ab. Unter der richtigen Behandlung beginnt bei betroffenen Kindern und Jugendlichen ein sichtbares Aufholwachstum. Ohne entsprechende Behandlung bleiben Kinder und Jugendliche kleiner als 1,40 Meter.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
Editor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
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ICD-10:E23.0, E34.3
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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