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Syndrom der leeren Sella

Synonyme: Empty Sella Syndromer

Beim Syndrom der leeren Sella ist die Hirnanhangsdrüse in Computertomographien oder Magnetresonanztomographien in der Sella turcica, in der sie normalerweise sitzt, aus unterschiedlichen Gründen nicht sichtbar. Häufig haben Betroffene eines Syndroms der leeren Sella gar keine Beschwerden und das Syndrom der leeren Sella wird bei ihnen nur zufällig entdeckt. Teilweise ist die Hirnanhangsdrüse aber beim Syndrom der leeren Sella beschädigt, sodass bei Betroffenen verschiedene Beschwerden auftreten können. Wird ein Syndrom der leeren Sella zufällig entdeckt und leiden Betroffene nicht an Beschwerden, ist keine weitere Untersuchung notwendig. Leiden Betroffene hingegen an Beschwerden sind verschiedene Untersuchungen, wie Blutuntersuchungen, nötig. Die Behandlung des Syndroms der leeren Sella hängt von seiner Ursache und den Beschwerden der Betroffenen ab.

Allgemeines

Beim Syndrom der leeren Sella ist die Hirnanhangsdrüse in Computertomographien CT oder Magnetresonanztomographien MRI in der Sella turcica, dem Türkensattel, im Gegensatz zum Normalfall nicht sichtbar. Das Syndrom der leeren Sella wird vor allem im englischen Sprachbereich Empty-Sella-Syndrome genannt. Meist ist eine Ausstülpung der Hirnhäute in die Sella turcica für das Syndrom der leeren Sella verantwortlich. Diese Ausstülpung der Hirnhäute drückt nämlich das Gewebe der Hirnanhangsdrüse so flach an den Rand der Sella, dass die Hirnanhangsdrüse in Computertomographien und Magnetresonanztomographien nicht mehr sichtbar ist und der Eindruck einer leeren Sella entsteht, obwohl die Hirnanhangsdrüse noch vorhanden ist.

Einige Personen haben ein Syndrom der leeren Sella, da Erkrankungen, Durchblutungsstörungen, Infarkte, Operationen oder Bestrahlungen im Bereich der Hirnanhangsdrüse das Gewebe der Hirnanhangsdrüse so stark geschädigt haben, dass die Hirnanhangsdrüse geschrumpft ist und deshalb in Computertomographien und Magnetresonanztomographien nicht mehr sichtbar ist. Selten ist das Syndrom der leeren Sella angeboren, wenn die Hirnanhangsdrüse während der Entwicklung in der Schwangerschaft gar nicht oder nur unvollständig entstanden ist.

Die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse)

Abbildung: Hirnanhangsdrüse
Hirnanhangdrüse, Hypophyse, Grosshirn, Kleinhirn, Sella turcica, Schädelknochen

Die Hirnanhangsdrüse ist ein kleines lebenswichtiges Organ, das im sogenannten Türkensattel etwa im Zentrum des Schädels unterhalb des Gehirns und damit etwa auf Höhe der Nasenwurzel sitzt (siehe Abbildung). Die Hirnanhangsdrüse besteht aus dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenvorderlappen und der Hypophysenhinterlappen sind in ihrer Funktion voneinander unabhängig.

Der Hypophysenvorderlappen stellt sechs verschiedene Hormone her, mit denen er auf verschiedene Vorgänge im Körper einwirkt. Mit dem Wachstumshormon (GH) beeinflusst der Hypophysenvorderlappen eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an. Mit den zwei unterschiedlichen Gonadotropinen (LH und FSH) nimmt der Hypophysenvorderlappen Einfluss auf das Wachstum und die Sexualhormonproduktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau. Mit dem adrenocorticotropen Hormon (ACTH) reguliert der Hypophysenvorderlappen die Hormonproduktion in der Nebennierenrinde und ermöglicht es dadurch dem Körper, optimal auf Stresssituationen zu reagieren. Mit dem thyreoideastimulierenden Hormon (TSH) regt der Hypophysenvorderlappen in der Schilddrüse das Wachstum, die Jodaufnahme und die Schilddrüsenhormonproduktion an. Und mit dem Prolaktin ermöglicht der Hypophysenvorderlappen in der Brust die Produktion von Muttermilch.

Der Hypophysenhinterlappen selbst kann keine Hormone herstellen. Es speichert die vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, gebildeten Hormone Vasopressin und Oxytozin und schüttet sie bei Bedarf ins Blut aus. Vasopressin (ADH) reguliert den Wasserhaushalt im Körper und befiehlt dabei den Nieren, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden. Oxytozin erlaubt es der Brust, die gebildete Muttermilch nach aussen abzugeben.

Die Produktion und die Ausschüttung von Wachstumshormon, Gonadotropinen, adrenocorticotropem Hormon, thyreoideastimulierendem Hormon und Prolaktin im Hypophysenvorderlappen werden hauptsächlich durch den Hypothalamus, ein bestimmtes Hirnareal, gesteuert. Dazu stellt der Hypothalamus gewisse Substanzen her. Ebenso werden die Speicherung und die Ausschüttung von Vasopressin und Oxytozin im Hypophysenhinterlappen durch den Hypothalamus geregelt.

Symptome

Häufig haben Betroffene eines Syndroms der leeren Sella gar keine Beschwerden. Das Syndrom der leeren Sella wird bei diesen beschwerdefreien Betroffenen nur zufällig entdeckt, da aufgrund einer anderen Erkrankung, die nichts mit dem Fund in der Hirnanhangsdrüse zu tun hat, eine Computertomographie CT oder eine Magnetresonanztomographie MRI des Kopfes durchgeführt wird.
Gelegentlich leiden Betroffenen eines Syndroms der leeren Sella wegen der Ausstülpung der Hirnhäute an Kopfschmerzen, einem ständigen Laufen der NaseNase / Nasenraum, wobei es sich bei der Flüssigkeit um Hirnflüssigkeit handelt, und Sehstörungen, da die Ausstülpung der Hirnhäute an den Sehnerven zieht.

Teilweise kann durch die Ausstülpung der Hirnhäute in die Sella turcica die Verbindung zwischen dem Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, und der Hirnanhangsdrüse beeinträchtigt werden. Eine mögliche Folge ist ein Prolaktinüberschuss. Der Hypothalamus verbietet normalerweise der Hirnanhangsdrüse, zu viel von dem Botenstoff Prolaktin herzustellen. Wenn nun aber die Verbindung zwischen dem Hypothalamus und der Hirnanhangsdrüse unterbrochen ist, kann die Hirnanhangsdrüse soviel Prolaktin herstellen, wie sie möchte, was zu einem Prolaktinüberschuss führt. Prolaktin ermöglicht normalerweise in der Brust schwangerer und stillender Frauen die Produktion von Muttermilch und beeinflusst die Fruchtbarkeit von Mann und Frau. Bei der schwangeren oder stillenden Frau ist eine vermehrte Menge an Prolaktin im Blut normal. Bei nicht-schwangeren und nicht-stillenden Frauen und bei Männern ist eine vermehrte Menge an Prolaktin im Blut nicht normal.

Die Hauptbeschwerden nicht-schwangerer und nicht-stillender Frauen mit einem Prolaktinüberschuss sind eine milchige Absonderung aus der Brust, eine sogenannte Galaktorrhoe, Störungen des Menstruationszyklus und Unfruchtbarkeit. Die Hauptbeschwerden eines Prolaktinüberschusses beim Mann sind Störungen der Potenz, Abnahme des sexuellen Verlangens und Unfruchtbarkeit.

Selten schädigt eine Ausstülpung der Hirnhäute das Gewebe der Hirnanhangsdrüse so stark, dass die Hirnanhangsdrüse ihre Aufgaben nicht mehr ausreichend erfüllen kann. Eine Hirnanhangsdrüsenunterfunktion ist die Folge. Die Aufgabe der Hirnanhangsdrüse besteht normalerweise darin, verschiedene lebenswichtige Hormone herzustellen und zu speichern, mit denen sie auf verschiedene Vorgänge im Körper einwirkt. Hormone sind Botenstoffe, die die Anweisungen des Körpers seinen einzelnen Organen mitteilen und Meldungen von den Organen an den Körper zurückgeben.

Die Hirnanhangsdrüse stellt im Hypophysenvorderlappen das Wachstumshormon, die zwei Gonadotropine LH und FSH, das adrenocorticotrope Hormon, das thyreoideastimulierende Hormon und das Prolaktin her. Zudem speichert die Hirnanhangsdrüse im Hypophysenhinterlappen die vom Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, hergestellten Hormone Oxytozin und Vasopressin.
Besteht eine Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse nimmt die Menge einzelner, mehrerer oder aller Botenstoffe, die von der Hirnanhangsdrüse gebildet und gespeichert werden, im Körper ab. Ein Mangel an Wachstumshormon, an LH und FSH, an thyreoideastimulierendem Hormon, an adrenocorticotropem Hormon, an Prolaktin, an Vasopressin und/oder an Oxytozin ist die Folge.

Ein Wachstumshormonmangel oder -ausfall führt vor allem bei Kindern und Jugendlichen vor der Pubertät zu Beschwerden, nur selten bei Erwachsenen. Normalerweise beeinflusst das Wachstumshormon eine Reihe von Stoffwechselprozessen und regt den Körper mit seinen Organen zum Wachstum an. Erstes Zeichen eines Wachstumshormonmangels bei Kindern oder Jugendlichen ist meist ein vermindertes Längenwachstum mit Kleinwuchs im Vergleich zu Gleichaltrigen. Zudem können bei betroffenen Kindern und Jugendlichen häufige Unterzuckerungen und vermehrte Fettpolster am Bauch auftreten, da das Wachstumshormon nicht mehr Energie in Form von Zucker im Blut zur Verfügung stellt und das Fettgewebe nicht mehr abbaut. Der Zeitpunkt, an dem die Zähne durchbrechen, kann sich verzögern.

Tritt ein Wachstumshormonmangel bei Erwachsenen auf, zeigt sich dieser vor allem dadurch, dass die Betroffenen leichter unterzuckert sind, die Menge an Fetten im Blut zunimmt, die Fettmasse am Bauch sich vermehrt und die Muskelmasse abnimmt, sodass Erwachsene an einer zunehmenden Schwäche leiden. Zudem geben Betroffene einen Antriebsverlust bis zur Depression an.

Bei einem Mangel der Gonadotropine LH und FSH, hat es zu wenig LH und FSH im Körper, um den Hoden beim Mann und den Eierstöcken bei der Frau mitzuteilen, dass sie wachsen und Sexualhormone produzieren sollen. So stellen die Hoden beim Mann und die Eierstöcke bei der Frau das Wachstum und die Sexualhormonproduktion ein und eine Unterfunktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau ist die Folge.

Eine solche Unterfunktion der Hoden beim Mann und der Eierstöcke bei der Frau hat je nach Alter des Betroffenen unterschiedliche Auswirkungen zur Folge. Betroffene Kinder kommen nicht in die Pubertät, so dass die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale ausbleibt. Typische Kennzeichen sind bei Knaben ein Hochwuchs, eine hohe Stimme wegen fehlendem Stimmbruch und eine Unterentwicklung der Geschlechtsmerkmale mit kleinen Hoden, kleinem Penis und fehlender Gesichts- und Schambehaarung.

Bei Mädchen zeigt sich ebenfalls keine Schambehaarung, die Regelblutung setzt nicht ein, das Brustwachstum und die weibliche Fettverteilung mit Betonung an den Hüften fehlt.

Tritt ein Gonadotropinmangel bei Jugendlichen mit begonnener Pubertät auf, stoppen die Pubertät und die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale. Dadurch sind die Geschlechtsmerkmale nur unvollständig ausgebildet und die Jugendlichen entwickeln keine sexuellen Interessen. Bei männlichen Jugendlichen sind zudem ein Hodenhochstand, bei dem die Hoden nicht aus der Bauchhöhle in den Hodensack gewandert sind, und eine beidseitige Vergrösserung der Brustdrüsen, eine sogenannte Gynäkomastie, häufig. Weibliche Jugendliche haben keine Regelblutung.

Tritt der Gonadotropinmangel erst im Erwachsenenalter auf, ist die Entwicklung der Geschlechtsmerkmale bereits abgeschlossen. Männer mit einem Gonadotropinmangel leiden an einer Verminderung oder gar einem Verlust des sexuellen Verlangens, an Impotenz und einem Ausfallen der Schamhaare. Die Hoden werden kleiner, können keine Sexualhormone und deshalb keine Spermien mehr produzieren, sodass Männer unfruchtbar werden. Frauen mit einem Gonadotropinmangel leiden ebenfalls an einer Verminderung oder gar einem Verlust des sexuellen Verlangens und einem Ausfallen der Schamhaare. Zudem tritt bei Frauen eine Störung des Menstruationszyklus mit selteneren oder gar ausbleibenden Regelblutungen und Unfruchtbarkeit auf. Bei beiden Geschlechtern nehmen die Muskelmasse und die Knochenstabilität ab (Osteoporose), die Fettmasse zu. Blutarmut (Anämie) und depressive Verstimmungen sind möglich.

Abbildung 1: Beschwerden bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen
Beschwerden bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen, Symptome bei einem Mangel an Schilddrüsenhormonen, Schilddrüsenhormonmangel

Eine mangelhafte oder ausbleibende Produktion von thyreoideastimulierendem Hormon, mit dem die Hirnanhangsdrüse in der Schilddrüse normalerweise das Wachstum, die Jodaufnahme und die Schilddrüsenhormonproduktion anregt, führt zu einer Schilddrüsenunterfunktion mit einem Mangel an Schilddrüsenhormonen. Ein Schilddrüsenhormonmangel kann beim Betroffenen zu einer breiten Palette an Beschwerden führen (siehe Abbildung 1), da die Schilddrüsenhormone normalerweise in beinahe jeder Zelle des Körpers eine Stimulation und Beschleunigung des Kreislaufes bewirken. Eine Schilddrüsenunterfunktion führt zu einem Herunterfahren der Körperfunktion. Der Grundumsatz des Körpers wird vermindert, sodass die betroffene Person gegenüber Kälte überempfindlich wird und trotz normaler Aussentemperatur friert. Die Haut wird trocken und rau, das Haar glanzlos und struppig. Trotz vermindertem Appetit und Nahrungsaufnahme nimmt der Betroffene an Gewicht zu. Die Herzfrequenz verlangsamt sich. Die Nierenfunktion nimmt ab. Wassereinlagerungen ins Gewebe, insbesondere um die Augen, lassen den Körper aufgedunsen wirken.

Vor allem bei älteren Betroffenen kann es aufgrund der verminderten Schilddrüsenhormone im Blut zu einer Erkrankung der Herzkranzgefässe mit verminderter Leistungsfähigkeit und Atemnot bis zum Herzversagen kommen. Die Fett- und Cholesterinwerte im Blut können ansteigen. Blutarmut, Verstopfung, Schwerhörigkeit, Muskelkrämpfe, Müdigkeit mit vermehrtem Schlafbedürfnis, Gedächtnisminderung, Unbeteiligtsein oder Depressionen werden beschrieben. Ein neu aufgetretenes, bösartiges Verhalten des Betroffenen gegenüber seinen Mitmenschen kann auffallen. Ebenso kann ein vermindertes sexuelles Verlangen oder eine verminderte Potenz ein Zeichen einer verminderten Schilddrüsenproduktion sein. Bei Frauen sind Blutungsstörungen, Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft möglich.

Abbildung 2: Beschwerden bei einem Glukokortikoidmangel
Beschwerden bei einem Glukokortikoidmangel, Symptome bei einem Glukokortikoidmangel

Ein Mangel an adrenocorticotropem Hormon, mit dem die Hirnanhangsdrüse normalerweise die Produktion der Nebennierenrinde steuert, führt zu sehr blasser Hautfarbe, einer sogenannten Alabasterhaut, und einer Unterfunktion der Nebennierenrinde mit einem Mangel an Glukokortikoiden. Ein Mangel an Glukokortikoiden zeigt sich durch Appetitlosigkeit mit Gewichtsverlust und Unterzuckerung (siehe Abbildung 2). Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können hinzukommen und den Gewichtsverlust verstärken. Betroffene leiden zudem an starker Müdigkeit und Schwäche mit einem Leistungsabfall. Das Auftreten psychischer Veränderungen wie eine Depression wird beschrieben. Durch die fehlende Wirkung der Glukokortikoide im Herzkreislaufsystem schlägt das Herz langsamer und der Blutdruck ist tief, sodass Schwindel beim Aufstehen, Ohnmachtsanfälle und Verwirrheit bei einem Glukokortikoidmangel möglich sind.

Insbesondere in Stresssituationen, in denen der Körper noch mehr von den Stresshormonen ACTH und Glukokortikoiden bräuchte, um optimal reagieren zu können, oder bei einer plötzlichen Abnahme an Glukokortikoiden im Blut durch das plötzliche Stoppen einer Steroidbehandlung, kann bei Betroffenen ein lebensgefährlicher Zustand, eine sogenannte Addison-Krise, auftreten. Betroffene einer Addison-Krise leiden an Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma.

Ein Mangel an Prolaktin und Oxytozin, mit denen die Hirnanhangsdrüse normalerweise die Produktion von Muttermilch und das Stillen ermöglicht, ist sehr selten. Er kann bei betroffenen Frauen die Milchproduktion in den Brüsten zum Stillen des neugeborenen Kindes verhindern.

Bei einem Mangel an Vasopressin, mit dem die Hirnanhangsdrüse normalerweise den Wasserhaushalt im Körper steuert und dabei den Nieren befiehlt, nicht zu viel Flüssigkeit mit dem Urin aus dem Körper auszuscheiden, scheiden Betroffene sehr viel hellen, stark verdünnten Urin aus. Es sind Urinmengen von bis zu 20 Litern innert 24 Stunden möglich. Da die Betroffenen mit dem vielen Urin sehr viel Wasser aus dem Körper verlieren und austrocknen, haben sie auch grossen Durst und trinken 15 bis 20 Liter am Tag. Durch das ständige Wasserlösen und den ständigen Durst ist der Schlaf von Betroffenen stark gestört und sie leiden deshalb oft an Müdigkeit. Teilweise sind die Betroffenen, vor allem Kleinkinder und sehr alte Menschen, nicht in der Lage, die mit dem Urin ausgeschiedene Flüssigkeit durch genügend Trinken zu ersetzen. Diese Betroffenen leiden dann wegen dem Flüssigkeitsverlust an trockener Haut und Schleimhäuten, Verstopfung, tiefem Blutdruck und Anstieg des Natriums im Blut. In der Folge können durch die Austrocknung zunehmende Verwirrtheit und Krampfanfälle hinzukommen und die Betroffenen können in ein Koma fallen.

Leidet ein Betroffener an einem sogenannten Panhypopituitarismus, bei dem alle Botenstoffe der Hirnanhangsdrüse gleichzeitig ausgefallen sind, sind Betroffene wegen des Mangels an Schilddrüsenhormonen, Kortikosteroiden und Sexualhormonen typischerweise teilnahmslos und müde. Die Haut ist wegen des Mangels an Wachstumshormonen und Schilddrüsenhormonen trocken, kühl, dünn und zart. Zudem werden in der Haut wegen des Mangels an adrenokortikotropem Hormon weniger Farbpigmente gebildet, sodass die Haut sehr blass ist, was sich vor allem an den dem Sonnenlicht ausgesetzten Hautbereichen und den Brustwarzen sehr gut zeigt. Die Scham- und Achselbehaarung fehlen wegen der fehlenden Bildung von Sexualhormonen, der Bartwuchs stoppt bei Männern. Der Blutdruck ist tief und eine Neigung zu Unterzuckerung besteht.

Eine Hirnanhangsdrüsenunterfunktion ist auch dann möglich, wenn das Syndrom der leeren Sella durch Erkrankungen, Durchblutungsstörungen, Infarkte, Operationen oder Bestrahlungen im Bereich der Hirnanhangsdrüse zustande kam und das Gewebe der Hirnanhangsdrüse so stark geschädigt wurde, dass die Hirnanhangsdrüse geschrumpft ist und ihre Aufgaben nicht mehr erledigen kann. Ist das Syndrom der leeren Sella angeboren, da die Hirnanhangsdrüse während der Entwicklung in der Schwangerschaft gar nicht oder nur unvollständig entstanden ist, leiden die Betroffenen immer an einer kompletten Hirnanhangsdrüsenunterfunktion, einem sogenannten Panhypopituitarismus.

Diagnose

Oft wird die Diagnose eines Syndroms der leeren Sella zufällig in einer Computertomographie CT oder einer Magnetresonanztomographie MRI gestellt, die aus anderen Gründen gemacht wurden, da die Betroffenen eines Syndroms der leeren Sella häufig beschwerdefrei sind.

Teilweise wird die Diagnose des Syndroms der leeren Sella aber auch gestellt, wenn Personen mit anhaltenden Beschwerden im Sinne eines Syndroms der leeren Sella, wie Sehstörungen, einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse oder einem Prolaktinüberschuss, einen Arzt zur weiteren Abklärung und bei Bedarf zur Behandlung aufsuchen. Der Arzt wird den Betroffenen in einem ausführlichen Gespräch nach Beschwerden und Veränderungen fragen, die ihm einen Hinweis auf ein Syndrom der leeren Sella geben. Weiter wird er sich nach durchgemachten oder noch anhaltenden Erkrankungen und Therapien erkundigen, die ein Syndrom der leeren Sella zur Folge haben können. Anschliessend wird der Arzt den Betroffenen von Kopf bis Fuss untersuchen. Hat der Arzt nach dem Gespräch und der Untersuchung den Verdacht auf ein Syndrom der leeren Sella, kann er seinen Verdacht mit einer Computertomographie CT oder einer Magnetresonanztomographie MRI der Region der Hirnanhangsdrüse bestätigen.

Bei Personen, bei denen das Syndrom der leeren Sella nur zufällig entdeckt wurde und die auch nach genauem Nachfragen keine Beschwerden haben, sind keine weiteren Untersuchungen notwendig. Der Betroffenen sollte aber in regelmässigen Abständen von einem Arzt untersucht werden.

Bei Betroffenen die an Beschwerden eines Prolaktinüberschusses oder einer Hirnanhangsdrüsenunterfunktion leiden sollte die Menge des Wachstumshormons, der Gonadotropine LH und FSH, des thyreoideastimulierenden Hormons, des adrenocorticotropen Hormons und des Prolaktins im Blut bestimmt werden. Bei einem Prolaktinüberschuss ist die Menge an Prolaktin im Blut vermehrt. Bei einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse kann die Menge einzelner oder aller der oben aufgezählten Botenstoffe im Blut zu gering sein. Um diese Messung zu bestätigen, kann zudem die Menge der Sexualhormone Testosteron und Östrogen, der Schilddrüsenhormone und der Glukokortikoide im Blut und im Urin bestimmt werden. Bei einem Mangel der Gonadotropine LH und FSH, des thyreoideastimulierenden Hormons und des adrenocorticotropen Hormons aufgrund einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse ist als Folge die Menge der Sexualhormone Testosteron und Östrogen, der Schilddrüsenhormone und der Glukokortikoide im Blut erniedrigt.

Therapie

Die Behandlung eines Syndroms der leeren Sella hängt von seiner Ursache ab. Bestehen bei einem Syndrom der leeren Sella keine Beschwerden, ist keine Behandlung notwendig. Betroffene sollten aber in regelmässigen Abständen von einem Arzt kontrolliert werden. Ist eine Erkrankung für das Syndrom der leeren Sella verantwortlich, sollte die Erkrankung behandelt werden, wenn dies möglich ist.

Leidet ein Betroffener eines Syndroms der leeren Sella wegen der Ausstülpung der Hirnhäute an Kopfschmerzen, einem ständigen Laufen der Nase und Sehstörungen, können diese Beschwerden teilweise durch eine kleine Operation gelindert werden. In dieser Operation wird die Ausstülpung der Hirnhäute behoben, indem die Sella mit kleinen Knochenstückchen aufgefüllt wird, sodass sich die Hirnhäute nicht mehr in die Sella ausstülpen und die Hirnanhangsdrüse genügend Platz in der Sella hat.

Ist ein ProlaktinüberschussProlaktinüberschuss im Rahmen eines Syndroms der leeren Sella aufgetreten, sollte die Hirnanhangsdrüse mit bestimmten Medikamenten, sogenannten Dopaminagonisten, an der Prolaktinproduktion gehindert werden. Dopaminagonisten sind Medikamente, die ähnlich wie Dopamin wirken. Dopamin ist ein Botenstoff, mit dem der Hypothalamus und das Nervensystem die Produktion von Prolaktin im Hypophysenvorderlappen hemmen, damit es nicht zu einem Prolaktinüberschuss kommt.

Ist eine Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse aufgetreten, sollten die fehlenden Hormone mit Medikamenten ersetzt werden. Bei einem Wachstumshormonmangel sollten Betroffene Wachstumshormone in Form von Spritzen ersetzen, bei einem ACHTH-Mangel Glukokortikoide in Form von Kortison, bei einem Mangel des thyreoideastimulierenden Hormons Schilddrüsenhormone in Form von Tabletten, bei einem Mangel der Gonadotropine LH und FSH Sexualhormone oder bei Kinderwunsch Gonadotropine und bei einem Vasopressinmangel Vasopressin. Das Wachstumshormon muss vor allem bei Kindern und Jugendlichen ersetzt werden. Die restlichen Hormone müssen in der Regel lebenslang eingenommen werden. Zudem müssen Betroffene mit einem Glukokortikoidmangel darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Tagesdosis an Glukokortikoiden bei jeglicher Art von Stress erhöht werden muss, um lebensbedrohliche Situationen zu vermeiden. Ein Prolaktinmangel und ein Oxytozinmangel sind nur sehr selten und müssen nicht mit einem Ersatz der Hormone behandelt werden.

Prognose

Die Prognose einer Person mit einem Syndrom der leeren Sella hängt von der Ursache der Erkrankung ab. Ist die Ursache eine Ausstülpung der Hirnhäute, die zu keiner Einschränkung der Funktion der Hirnanhangsdrüse führt, ist die Lebenserwartung von Betroffenen absolut normal. Tritt das Syndrom der leeren Sella mit einem Prolaktinüberschuss oder einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse auf, kann die Lebenserwartung von Betroffenen ebenfalls normal sein, wenn sie die Medikamente gegen den Prolaktinüberschuss oder die mangelnden beziehungsweise fehlenden Hormone bei einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse regelmässig einnehmen. Ohne gute Behandlung mit Ersatz der mangelnden oder fehlenden Hormone beträgt die Lebenserwartung bei einem Syndrom der leeren Sella und einer Hirnanhangsdrüsenunterfunktion im Durchschnitt noch zehn bis fünfzehn Jahre.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin
Editor/in:Dr. Julia Feucht, Ärztin
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ICD-10:E23.6
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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