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Essstörungen

Zusammenfassung

Bei einer Essstörung ist die Nahrungsaufnahme wegen einer grossen Furcht vor dem Dickwerden, einem veränderten Essverhalten sowie einer Störung der Wahrnehmung des eigenen Körpers, einer sogenannten Körperschema-Störung, dermassen gestört, dass der Körper keine ausreichende Menge einzelner, mehrerer oder aller Nahrungsbestandteile mehr erhält. In der Folge kann der Körper mit seinen Zellen, Geweben und Organen nicht mehr optimal funktionieren. Abläufe im Körper können dadurch gestört werden und Krankheiten mit einer breiten Palette an Beschwerden können im Bereich aller Gewebe und Organe des Körpers auftreten. Die bekanntesten und häufigsten Essstörungen sind die Magersucht und die Ess-Brech-Sucht. Die Diagnose einer Essstörung wird mit Gespräch, körperlicher Untersuchung und weiteren Untersuchungen gestellt. Die Behandlung der Essstörung hängt von ihrer Ursache ab.

Allgemeines

Damit der menschliche Körper mit all seinen Zellen, Geweben und Organen optimal funktionieren kann, benötigt er Bausteine und Energie. Diese Bausteine und diese Energie müssen ihm in regelmässigen Abständen mit der Nahrung zugeführt werden. Damit der Baustein- und Energie-Bedarf des Körpers gedeckt werden kann, muss die Nahrung genügend Bausteine und Energie in Form aller Nahrungsbestandteile in ausreichender Menge enthalten.

Zu den Nahrungsbestandteilen, die auch Grundnährstoffe genannt werden, gehören die Kohlenhydrate, die Fette, die Eiweisse (Proteine), die Nahrungsfasern (Ballaststoffe), die Vitamine, die Spurenelemente und die Elektrolyte (Mineralstoffe). Diese Nahrungsbestandteile muss der menschliche Körper in regelmässigen Abständen mit der Nahrung aufnehmen, da er sie als Bausteine und Energie benötigt. Nur dank regelmässiger und ausreichender Zufuhr von Bausteinen und Energie in Form all dieser Nahrungsbestandteile kann der Körper mit allen seinen Zellen, Geweben und Organen optimal zusammen arbeiten, reibungslos funktionieren und gesund bleiben.

Abbildung 1: Körperschema-Störung
Körperschema-Störung, verfehlte Wahrnehmung des eigenen Körpers, falsches Körpergefühl, dicker als in Wirklichkeit

Bei den Essstörungen ist die Nahrungsaufnahme wegen einer grossen Furcht vor dem Dickwerden, einem veränderten Essverhalten sowie einer Störung der Wahrnehmung des eigenen Körpers, einer sogenannten Körperschema-Störung (siehe Abbildung 1), dermassen gestört, dass der Körper keine ausreichende Menge einzelner, mehrerer oder aller Nahrungsbestandteile mehr erhält, um seinen Bedarf zu decken. In der Folge kann der Körper mit seinen Zellen, Geweben und Organen nicht mehr optimal funktionieren. Abläufe im Körper können dadurch gestört werden und Krankheiten mit einer breiten Palette an Beschwerden können im Bereich aller Gewebe und Organe des Körpers auftreten. Damit haben Essstörungen ernsthafte und langfristige schädigende Auswirkungen auf die Gesundheit einer betroffenen Person. Diese schädigenden Auswirkungen sind teilweise sogar lebensgefährlich.

Formen

Es gibt verschiedene Formen der Essstörungen. Die bekanntesten und häufigsten sind die Magersucht und die Ess-Brech-Sucht. Die beiden Formen der Essstörungen können oft nicht klar voneinander unterschieden werden. Häufig wechseln Personen, die an einer Essstörung leiden, im Verlauf der Erkrankung auch von einer Form der Essstörung zu einer anderen oder haben gleichzeitig verschiedene Formen von Essstörungen. So wird beispielsweise auch ein Übergang von einer Magersucht zu einer Ess-Brech-Sucht häufig beobachtet. Ein Übergang von einer Ess-Brech-Sucht zu einer Magersucht kommt hingegen nur selten vor.

Typisch für alle Formen der Essstörungen ist, dass sich betroffene Personen aus Furcht vor dem Dickwerden oder Dicksein in den Gedanken und der Gefühlswelt intensiv mit dem Thema Ernährung und Essen beschäftigen. Sehr oft ist ihre Wahrnehmung vom eigenen Körper in Form einer Körperschema-Störung so verändert, dass sie ihren Körper für dicker empfinden, als er tatsächlich ist (siehe Abbildung 1). Ausserdem ist ihr Essverhalten gestört und sie kontrollieren ihr Gewicht mit komplizierten Systemen aus Essen, Diäten, Fasten, Einnahme von Medikamenten zur Steigerung des Gewichtsverlusts und Bewegung. Teilweise können Personen, die an einer Essstörung leiden, in ihrem Verhalten auch vollkommen unauffällig sein, da sich die Sucht bei ihnen nur im Kopf abspielt.

Magersucht

Bei der Magersucht, die in der Medizin Anorexia nervosa oder Anorexie genannt wird, handelt es sich um eine Essstörung, die sich durch einen absichtlich und selbst herbeigeführten erheblichen Gewichtsverlust oder eine fehlende altersentsprechende Gewichtszunahme auszeichnet. Mit unterschiedlichen Diäten bis zum Hungern wird dem Körper möglichst wenig Nahrung zugeführt. Zudem wird die körperliche Aktivität dermassen gesteigert, dass der Körper mehr Energie verbraucht. Häufig wird der Gewichtsverlust noch durch selbst herbeigeführtes Erbrechen und Missbrauch von Abführmitteln, Urin-fördernden Mitteln und/oder Appetitzüglern gefördert. Den dadurch herbeigeführten drastischen Gewichtsverlust und dessen Gesundheits-schädigende Auswirkungen erkennen die an einer Magersucht leidenden Personen oftmals aber nicht. Im Gegenteil empfinden sie sich auch bei schwerem Untergewicht noch zu dick. Diese Missempfindung wird in der Fachsprache als Körperschema-Störung (siehe Abbildung 1) bezeichnet.

Ess-Brech-Sucht

Bei der Ess-Brech-Sucht, die in der Medizin Bulimia nervosa oder Bulimie genannt wird, handelt es sich um eine Essstörung, die sich durch Heisshungerattacken auszeichnet. Dabei verzehren Betroffene wahllos grosse Mengen von Nahrungsmitteln. Danach verspüren sie grosse Schuldgefühle und haben Angst vor einer Gewichtzunahme. Deshalb versuchen Betroffene die verzehrten Lebensmitteln mit unterschiedlichen Methoden wieder aus dem Körper auszuscheiden. Dazu gehören selbst herbeigeführtes Erbrechen, zeitweiliges Hungern und der Missbrauch von Abführmitteln, Urin-fördernden Mitteln und/oder Appetitzüglern.

Ursachen

Bei der Entstehung von Esstörungen spielen verschiedene Faktoren zusammen. Dazu gehören genetische Faktoren, psychologische und familiäre Faktoren sowie gesellschaftliche Faktoren. Genetische Faktoren sind Eigenschaften, die von den Eltern an die Kindern vererbt werden. Zu den psychologischen und familiären Faktoren zählen Beziehungsstörungen, Selbstwertkonflikte, Konflikte mit der eigenen Sexualität, negative Kindheitserfahrungen und Einflüsse der Familie. Einflüsse der Familie können eine Alkoholabhängigkeit oder psychische Erkrankungen von Familienmitgliedern, grosser Stellenwert von Gewicht und äusserem Erscheinungsbild in der Familie, Überbehütung der Kinder durch die Eltern sowie eine gestörte Beziehung zur Mutter, zum Vater oder zwischen den Eltern sein.

Mögliche gesellschaftliche Faktoren sind das verbreitete Schlankheitsideal, das insbesondere für Frauen als anzustrebendes Schönheitsideal gilt, und der Leistungsdruck in der westlichen Gesellschaft. Dieser gesellschaftliche Druck betrifft vor allem das weibliche Geschlecht. So haben der gesellschaftliche Druck und das verbreitete Schlankheitsideal beispielsweise dazu geführt, dass Frauen in Deutschland durchschnittlich gerne fünf Kilogramm leichter wären, egal ob sie im Moment übergewichtig, normalgewichtig oder untergewichtig sind.

Die genetischen, psychologischen und familiären sowie sozialen Faktoren bewirken bei Betroffenen eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers und der eigenen Figur, was als Körperschema-Störung (siehe Abbildung 1) bezeichnet wird. Diese Körperschema-Störung führt als Reaktion auf bestimmte Auslöser zu einer Essstörung mit einem veränderten Essverhalten und unterschiedlichen Massnahmen zur Verhinderung eines Dickwerdens oder Dickseins.

Auslöser für das Auftreten einer Ernährungsstörung sind häufig Stressereignisse wie neue schulische oder berufliche Herausforderungen, Verlustereignisse, Trennungen, Krankheiten oder die körperlichen und geistigen Veränderungen in der Pubertät. Aber auch ständige Hänseleien wegen Übergewicht können das Auftreten einer Ernährungsstörung auslösen.

Häufigkeit

Die Häufigkeit der Essstörungen hat in den letzten Jahrzehnten in den Industrieländern zugenommen. Dabei ist die Magersucht in der Gesellschaft insgesamt eher selten. In der hauptsächlich betroffenen Gruppe junger Frauen zwischen 15 und 25 Jahren kann diese Erkankung jedoch bei bis zu einer von hundert jungen Frauen gefunden werden. Der Altersgipfel der Magersucht liegt bei 14 Jahren. Häufiger als die Magersucht kommt die Ess-Brech-Sucht vor. Bei jungen Frauen sind eine bis drei von hundert jungen Frauen davon betroffen. Die Ess-Brech-Sucht tritt durchschnittlich etwas später als die Magersucht auf. So liegt ihr Altersgipfel bei 17 bis 18 Jahren. Das weibliche Geschlecht ist deutlich häufiger von einer Essstörung betroffen als das männliche. Nur gerade 5 bis 10% der Personen, die von einer Essstörung betroffen sind, sind männlich. In mittleren und höheren Gesellschaftsschichten treten die Essstörungen ausserdem häufiger auf als in tieferen Gesellschaftsschichten.

Die Zahlen bezüglich der Häufigkeit der Essstörungen dürften besonders bei der Ess-Brech-Sucht sogar noch höher sein, da viele Fälle gar nicht bekannt sind, weil die Betroffenen der Ess-Brech-Sucht sich für ihr verändertes Essverhalten schämen und dieses deshalb so gut wie möglich vor ihren Mitmenschen verbergen.

Besonders gefährdet für das Auftreten einer Essstörung sind insbesondere Modells, Balletttänzerinnen und Sportler/innen.

Symptome

Die Beschwerden einer Essstörung hängen von der Form der Essstörung ab. Gemeinsam haben die Magersucht und die Ess-Brech-Sucht die gestörte Wahrnehmung des eigenen Körpers, die sogenannte Körperschema-Störung (siehe Abbildung 1), die zu einem veränderten, die Gesundheit schädigenden Essverhalten führt. Durch das veränderte Essverhalten erhält der Körper zu wenig einzelner, mehrerer oder aller Nahrungsbestandteile und kann mit seinen Geweben, Zellen und Organen nicht mehr optimal funktionieren. Es entstehen eine Unterernährung oder eine Fehlernährung mit einer breiten Palette an möglichen Beschwerden im Bereiche aller Organe und Gewebe des Körpers.

Abbildung 2: Mundwinkelrhagaden
Mundwinkelrhagaden, Folgen von Essstörungen, Symptome bei Essstörungen, Beschwerden bei Essstörungen

Im Allgemeinen sind Blässe, Schwäche, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit und Antriebsarmut möglich. Insbesondere bei der Magersucht ist ein starker Gewichtsverlust typisch. Das Gewicht kann bei einer Essstörung aber auch unverändert bleiben oder im Rahmen der typischen Heisshungerattacken bei der Ess-Brech-Sucht teilweise ansteigen.

Oft ist bei betroffenen Frauen der Menstruationszyklus gestört, sodass die Regelblutungen ausbleiben. In der Fachsprache wird von Amenorrhoe gesprochen. Eine Unfruchtbarkeit ist die Folge. Bei betroffenen Männern nehmen das sexuelle Verlangen und die Potenz ab.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden im Bereich der Haut sind entzündliche Hauterkrankungen, eine veränderte Färbung der Haut und eine verzögerte Wundheilung.

Abbildung 3: entzündete, gerötete Zunge
entzündete Zunge, gerötete Zunge, Glossitis, Symptome bei Essstörungen, Beschwerden bei Essstörungen

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Schleimhäute sind schmerzhafte, gerötete und geschwollene Lippen, schmerzhafte Einrisse an den Mundwinkeln, sogenannte Mundwinkelrhagaden (siehe Abbildung 2) und Entzündungen der Schleimhaut des Mundes und/oder der Zunge (siehe Abbildung 3).

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Haare und Nägel sind Haarausfall, eine Bildung von flaumigen Haaren im Bereich des Rückens wie bei Frühgeborenen und eine Bildung von Rillen oder Flecken in den Nägeln (siehe Abbildung 4).

Mögliche Veränderungen und Beschwerden im Bereich der Blutbildung sind eine Blutarmut mit einem Mangel der roten Blutkörperchen, der weissen Blutzellen und/oder der Blutplättchen. Ein Mangel der roten Blutkörperchen zeigt sich mit Blässe, Müdigkeit, verminderter Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen und Atembeschwerden. Ein Mangel der weissen Blutzellen zeigt sich mit einer Schwächung des Abwehrsystems des Körpers, des sogenannten Immunsystems, und vermehrter Anfälligkeit für Infekte. Das Abwehrsystem des Körpers wird bei einer Unter- oder Fehlernährung im Rahmen einer Essstörung noch durch weitere Veränderungen im Körper geschwächt. Ein Mangel der Blutplättchen führt zu einer vermehrten Blutungsneigung mit Schleimhautblutungen, punktförmigen Blutungen in der Haut und Blutergüssen (siehe Abbildung 5).

Abbildung 4: Rillenbildung an den Fingernägeln
Rillenbildung an den Fingernägeln, Folgen von Essstörungen, Symptome bei Essstörungen, Zeichen von Essstörungen

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Muskulatur führen zu einer Abnahme der Muskelmasse, insbesondere an den Schläfen und Oberarmen, mit Muskelschwäche und schnellerem Ermüden. Die Abnahme der Muskulatur zeigt sich auch am Herzen und an der Atemmuskulatur.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden des Herzens und des Herzmuskels sind ein langsamerer Herzschlag, Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand und eine Herzschwäche, Herzinsuffizienz genannt. Eine Herzschwäche zeigt sich bei Betroffenen mit Atembeschwerden zunächst bei körperlicher Anstrengung, dann auch in Ruhe, mit Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe und dadurch bedingtem Anschwellen vor allem der Unterschenkel, sogenannten Ödemen, und mit Abnahme des Blutdrucks.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Lungen sind eine Verminderung der Arbeitsleistung der Atemmuskeln wie dem Zwerchfell mit Atembeschwerden. Zudem nimmt die Abwehr schädigender Einflüsse in der Lunge ab und es treten gehäuft Lungenentzündungen bei Personen mit einer Unter- oder Fehlernährung im Rahmen einer Essstörung auf.

Abbildung 5: Vermehrte Blutungsneigung mit punktförmigen Blutungen in der Haut & einem Bluterguss
Vermehrte Blutungsneigung mit punktförmigen Blutungen in der Haut & einem Bluterguss, Folgen von Essstörungen, Symtome bei Essstörungen, Anzeichen von Essstörungen

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Augen sind eine Verminderung des Sehvermögens und eine Nachtblindheit.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Knochen sind Wachstumsstörungen und eine Osteoporose mit einem Verlust der Knochenstabilität und vermehrter Knochenbrüchigkeit.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden des Verdauungssystems sind eine Störung der Verdauung und der Nährstoffaufnahme aus der Nahrung in den Körper, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Zudem kann der Verdauungstrakt Substanzen, die dem Körper schaden zufügen könnten, schlechter abwehren.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Nieren sind eine gestörte Nierenfunktion mit gestörter Urinproduktion, die zu einer vermehrten oder verminderten Ausscheidung gewisser Nahrungsbestandteile und von Flüssigkeit mit dem Urin führt.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden der Leber sind eine Leberschwäche. Wegen dieser Leberschwäche kann die Leber nicht mehr ausreichend lebensnotwendige Eiweisse herstellen. Wenn diese Eiweisse im Körper fehlen, kann sich Flüssigkeit im Gewebe ansammeln, sodass Ödeme entstehen. Zudem kann die Leber nicht mehr ausreichend Substanzen abbauen, die für den Körper und seine Gesundheit schädlich sind.

Mögliche Veränderungen und Beschwerden des Nervensystems und des Gehirns sind Konzentrationsstörungen, Gedächtnislücken, Orientierungsverlust, Verwirrtheit und Depression.

Personen, die an einer Essstörung leiden, leiden ausserdem oft an depressiven Verstimmungen, Angst- und Zwangsstörungen.

Diagnose

Besteht bei einer Person der Verdacht auf eine Essstörung, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Der Arzt wird ein ausführliches Gespräch mit der betroffenen Person und deren Angehörigen führen. Er wird sich dabei nach der familiären und gesellschaftlichen Lebenssituation und Lebensumständen, nach der bisherigen körperlichen und geistigen Entwicklung sowie nach Krankheiten und Behandlungen erkundigen. Insbesondere wird er nach Beschwerden und Veränderungen, nach dem Essverhalten, nach Heisshungerattacken, der Gewichtsentwicklung, einem Gewichtsverlust, Verwendung von Abführmitteln, Urin-fördernden Mitteln und/oder Appetitzüglern zur Gewichtsabnahme, nach körperlicher Aktivität und der Einstellung bezüglich dem eigenen Gewicht und der Figur fragen. Anschliessend wird er die betroffene Person sorgfältig untersuchen.

Das Gewicht der Person kann der Arzt mithilfe des Body Mass Index BMI beurteilen. Dabei wird das Körpergewicht der Person in Kilogramm durch die Körpergrösse der Person in Metern im Quadrat geteilt. Ein BMI zwischen 18.5 und 25 kg/m2 wird als normal bezeichnet. Bei der Magersucht liegt der BMI unter 17.5 kg/m2 oder das Körpergewicht beträgt weniger als 85% des für das Lebensalter, die Körpergrösse und das Geschlecht zu erwartenden Körpergewichts.

Weitere Untersuchungen wie eine Blutuntersuchung oder ein Elektrokardiogramm EKG mit Aufzeichnung der Herzkurve helfen dem Arzt ausserdem, verschiedene Mangelzustände und den Schweregrad der körperlichen Veränderungen durch die Essstörung zu erfassen.
Anhand des Gesprächs, der körperlichen Untersuchung und weiterer Untersuchungen kann der Arzt die Diagnose einer Essstörung stellen. Bei der Festlegung der Form der Essstörung muss beachtet werden, dass die Magersucht und die Ess-Brech-Sucht auch zusammen oder nacheinander auftreten können. So haben Personen, die an einer Ess-Brech-Sucht leiden, oft Jahre bis Jahrzehnte zuvor an einer Magersucht gelitten.

Mithilfe weiterer Untersuchungen und Gesprächen muss der Arzt anschliessend die Ursache für die Essstörung suchen, wenn sie nicht bereits bekannt ist.

Therapie

Wie bereits erwähnt, sehen Betroffene oft nicht ein, dass sie an einer Krankheit leiden und deshalb behandelt werden müssen. Teilweise verweigern sie sogar jegliche Behandlungsmassnahmen. Dies erschwert zusammen mit den verschiedenen verursachenden Faktoren die Behandlung der Essstörungen.

Die Behandlung einer Essstörung hängt von der Form der Essstörung ab. In der Regel sind zur Behandlung einer Essstörung verschiedene Behandlungsmassnahmen nötig. Diese Massnahmen werden in einem Behandlungsplan zusammengestellt. Ob eine betroffene Person von zu Hause aus behandelt werden kann oder in einem Spital eingewiesen werden muss, hängt vom Schweregrad der Essstörung und der Kooperationsbereitschaft der betroffenen Person sowie deren Familie und Umfeld ab. Betroffene einer Magersucht müssen sehr häufig in einem Spital behandelt werden. Mit oder ohne Aufenthalt in einem Spital ist oft ein langjähriger Besuch einer Psychotherapie in regelmässigen Abständen notwendig, damit bei betroffenen Personen nicht wieder Essstörungen auftreten. Zudem kann der Besuch von Selbsthilfegruppen hilfreich sein, in denen Betroffene einer Essstörung untereinander Informationen und Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig bei der Heilung unterstützen.

Eine Behandlung einer Essstörung kann nur dann erfolgreich sein, wenn ausser dem Körpergewicht auch das Essverhalten wieder normalisiert wird. Dazu muss bei jeder Behandlung die Ursache der Essstörung zusammen mit den Betroffenen gesucht und analysiert werden. Das Körpergewicht muss auf einen normalen Wert angehoben und körperliche Folgen der Essstörung müssen behandelt werden. Den Betroffenen muss bewusst gemacht werden, wie sehr sie ihrem Körper mit ihrem Verhalten schaden. Auch muss die Körperschema-Störung behandelt und damit das verzerrte Bild, das Betroffene von sich selbst haben (siehe Abbildung 1), normalisiert werden. Den Betroffenen muss die ständige Beschäftigung mit dem Gewicht sowie die Angst vor einer Gewichtszunahme und vor einem Kontrollverlust in Form von Heisshungerattacken genommen werden.

Zusammen mit den Betroffenen müssen Verhaltensstrategien entwickelt werden, die den befriedigenden Effekt des Gewichtsverlusts ersetzen und mit denen sie den Alltag sowie Stresssituationen in der Familie und der Gesellschaft bewältigen können. Dabei sind neben Gesprächstherapien vor allem die Bewegungstherapie sowie die Gestaltungs- und Musiktherapie besonders hilfreich. Nur durch alle diese Massnahmen zusammen können das Essverhalten und die Nahrungsaufnahme wieder normalisiert und eine Essstörung geheilt werden, sodass der Körper Betroffener wieder ausreichend von allen Nahrungsbestandteilen erhält und optimal funktionieren kann. Teilweise kann die Einnahme von bestimmten Medikamenten, sogenannten Antidepressiva, bei der Behandlung einer Essstörung helfen.

Bei jeder Behandlung von Essstörungen müssen auch die familiären und gesellschaftlichen Verhältnisse einbezogen werden, da diese einerseits einen Teil der Ursachen für die Entstehung der Essstörung darstellen können und andererseits dabei helfen können, dass eine Essstörung in Zukunft nicht mehr auftritt.

Prognose

Die Lebenserwartung und die Lebensqualität sind bei Personen, die an einer Essstörung leiden und bei denen die Essstörung nicht bekannt ist oder nicht behandelt wird, deutlich eingeschränkt. Wird eine Essstörung nicht rechtzeitig behandelt, können Betroffene an den vielfältigen Veränderungen der Gewebe und Organe des Körpers, die durch eine Essstörung verursacht werden, sterben.

Prävention

Ein erster Schritt bei der Vermeidung von Essstörung in Industrieländern besteht darin, alle Personen aus allen Gesellschaftsschichten bereits in der Kindheit darüber zu informieren, wie wichtig eine ausgewogene Ernährung für die Gesundheit, die Lebensqualität und die Lebenserwartung ist und was ein normales sowie ein gesundes Körpergewicht ist. Dabei müssten aber auch der Körperwahn und das Schlankheitsideal, das in Magazinen, im Fernsehen oder in der Modebranche allgegenwärtig ist, gestoppt und auf ein normales Körpergewicht angehoben werden.

Autor/in:Dr. med. Sidonie Achermann, Ärztin, Dr. Julia Feucht, Ärztin
Editor/in:Prof. Dr. med. Rémy Meier, Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie
Keywords:Essstörung, Bulimia nervosa, Bulimie, Ess-Brech-Sucht, Magersucht, Anorexia nervosa, Anorexie, Körperschema-Störung, Körperschemastörung
ICD-10:F50
Zuletzt geändert:06.11.2016Zum Seitenanfang
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